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Von Wiege bis zum Grabe

Katholisch öffentliche Bücherei St. Lucia wird Familienbibliothek

Von Judith Frerick
Harsewinkel (WB). Was passt, bleibt. Alles andere wird bis zum Sommer aussortiert. Spätestens dann soll die Katholische Bücherei St. Lucia zur Familienbibliothek »mutieren«. Also machte sich das WESTFALEN-BLATT auf den Weg, um mit KöB-Leiterin Barbara Petschik in den Regalen nach familientauglichen Schätzen zu stöbern, die bleiben dürfen.

Ganzen unten in der Bücherei ist die Kinderbibliothek, in der ersten Ebene finden sich derzeit hauptsächlich Sachbücher, aufgeteilt in trockene Sparten wie Geschichte, Pädagogik oder Psychologie. »Der Bedarf nach diesen Wälzern lässt mehr und mehr nach. Man kann doch heutzutage alles aus dem Internet ziehen. Da braucht man keine Geschichtsbücher mehr aus der Bücherei. Daher haben wir uns auch dazu entschlossen, alles umzustrukturieren«, verrät Barbara Petschik dem WESTFALEN-BLATT.
Die alten Schinken kommen also raus und werden zum Teil durch neue Familienliteratur ersetzt. Verschwinden werden auch auch komplizierte Etiketten wie »HA 2« oder »HA 1«, mit denen eigentlich kein Besucher etwas anfangen kann. Statt dessen werden sie durch leserfreundliche Aufkleber ersetzt: Bislang gibt es die neuen Sparten »Familie - Eltern werden«, »Familie - Kleinkind«, »Familie - Schulkind«, Ratgeber Erziehung«, »Religiöse Erziehung« oder »Ratgeber Pubertät«. »Wir haben bereits 50 Prozent des Bestandes gesichtet und entsprechend umbenannt«, so die Bücherei-Leiterin. Der Vorteil: Die Leser haben einen besseren Zugang zur Literatur, und auch für die Mitarbeiter bedeutet die Umstrukturierung eine Erleichterung: Die Ratgeber werden nicht mehr nach Autoren in die Regale einsortiert, sondern ausschließlich nach dem Bereich.
Praktisch sieht das Ganze so aus: Reiseführer und der gute alte Atlas aus dem Bereich Erdkunde verschwinden, statt dessen wird das Angebot mit Büchern wie »Reisen mit Kindern«, »Hochzeitsreisen«, »Reisen in die Umgebung« oder »Ferien auf Mallorca mit Kindern« bereichert. Statt hochwissenschaftlicher Bücher finden die Leser ab Juni eher Ratgeber wie Vornamenbücher oder »Wie ein Kind entsteht« in den Regalen. Sollte dennoch - trotz der geringen Ausleihe in den vergangenen vier Jahren - jemand umbedingt ein Sachbuch außerhalb des bestehenden Angebots benötigen? »Dann können wir es ohne Probleme per Fernleihe innerhalb kürzester Zeit bestellen«, antwortet Barbara Petschik, die 2006 wohl 5000 Euro in die Umstrukturierung stecken wird.
Zu diesem Schritt bewogen haben sie die nackten Zahlen: Zum einen sind 50 Prozent der Bücherei-Klientel Familien. Andererseits verfolgt sie seit vier Jahren die monatliche Statistik: »Ich sehe genau, was ausgeliehen wird und was nicht. Was gar nicht läuft, sind Geschichte, Soziologie und Technik. Da brauchen wir also kein Geld mehr investieren. Mit der Neuerung gehen wir auf die Wünsche unserer Leser ein.«
Um effektiver zu arbeiten, setzte sich Barbara Petschik mit den Leitern der Büchereien in Werther und Enger an einen Tisch. Gemeinsam fasste man den Entschluss, die Familien mehr in den Mittelpunkt zu rücken. Dabei wird die Geburt genau so thematisiert wie Tod und Trauer. »Von der Wiege bis zum Grabe - dazu finden sich auf der ersten Bücherei-Ebene ab dem Sommer viele Ratgeber«, möchte die Bücherei-Leiterin auch Altersfragen aufgreifen.
Das Prädikat »familienfreundlich« bekommt die KöB St. Lucia jedoch nicht erst im Sommer. Bereits jetzt laufen viele Angebote wie zum Beispiel die regelmäßigen Vorlesestunden, das Basteln für Kinder oder Autorenlesungen. »Außerdem haben wir ja noch die zwölf Lesepaten, die regelmäßig in den Kindergärten vorlesen«, ergänzt Barbara Petschik, die in diesem Jahr auch erstmals Leseausweis-Gutscheine an alle I-Männchen der hiesigen Grundschulen verteilt hat. Was passt, bleibt. Und auch diese Aktionen werden »bleiben«.
www.harsewinkel.de

Artikel vom 19.11.2005