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Warme Dusche gegen Stress

Herforder EG-Schlachthof Gocksch setzt auf Qualitätssicherung

Von Peter Schelberg
Herford (HK). Schmackhaft sollen Steaks und Schnitzel sein, von gesunden Tieren stammen und als »Schnäppchen« an der Fleischtheke angeboten werden - das erwarten viele Verbraucher. Große Lebensmitteldiscounter machen Druck bei den Preisen, die sinkenden Erlöse sorgen für Verdruss bei Landwirten und Fleischverarbeitern, auch im Herforder Land.

Fleischkauf ist daher mehr denn je Vertrauenssache - wie Skandale in jüngster Zeit erneut gezeigt haben. Wenn im EG-Schlachthof und Zerlegebetrieb an der Füllenbruchstraße Schweine oder Rinder den EG-Freigabestempel »ES 48« erhalten, sieht sich Firmenchef Gunter Gocksch deshalb immer auch ganz persönlich in der Verantwortung für gute Qualität: »Ich verbürge mich dafür, dass unser Fleisch in Ordnung ist.« Vom Schreibtisch aus hat der 63-jährige Seniorchef über Monitore alles im Blick. Und mehrmals täglich streift sich der resolute Fleischermeister seinen Schutzanzug über, um im Schlachthof nach dem rechten zu sehen.
Denn die Qualität von Fleisch und Wurst aus Herford muss stimmen - vom Züchter bis auf den Tisch des Verbrauchers, lautet die Devise. Dafür sorgt zum einen die Überwachung der Produktion durch den TÜV Rheinland, zum anderen die Kontrolle durch zwei Tierärzte des Kreisveterinäramtes und zehn Fleischbeschauer. Seit Juli 2005 ist das Familienunternehmen nach dem Qualitätssicherungssystem »QS« zertifiziert. QS-Betriebe haben sich zu Dokumentationen verpflichtet, unterliegen unabhängigen Tests.
Gocksch versorgt Großabnehmer wie Ratio, Bauerngut, Jibi und Minipreis, zudem kleinere Metzgereien und Gastronomiebetriebe. Schnell und flexibel bei sehr guter Qualität - ein Erfolgsgeheimnis der Herforder: »Bei Bedarf liefern wir auch kurzfristig kleinere Mengen«, betont Gocksch. Zwischen Rinteln und Bruchmühlen betreibt er sechs eigene Filialen. Zu seinen Spezialitäten, die Silber- und Goldpreise erzielten, zählen Kassler Lachsfleisch, Burgunder Gewürzrolle oder Räubernacken. Auch die Nachfrage nach Grillgut steigt ständig.
»Heimatverbunden« ist der Schlachthof beim Ein- und Verkauf: »Wir schlachten nur Tiere aus unserer Region, darauf sind wir stolz«, betont Gunter Gocksch: »Die Landwirte und Händler, die uns beliefern, kenne ich fast alle persönlich.« 80 Prozent des Schlachtviehs kommen aus dem Kreis Herford, der Rest aus Nachbarkreisen: »Schweine und Rinder, die bei uns geschlachtet werden, sind maximal eineinhalb Stunden unterwegs«, erläutert der Unternehmer. Lange Transportwege, die Stress für die Tiere bedeuten, würden so vermieden - ein wichtiges Qualitätskriterium. Ruhezeiten und Warmwasser-Duschen helfen, Aggressionen bei den Schweinen zu vermieden.
Gocksch beschäftigt 120 Mitarbeiter, darunter vier Auszubildende. Im Schichtbetrieb wurden im vergangenen Jahr 120000 Schweine, 1500 Rinder und 79 Kälber geschlachtet und verarbeitet. Bei Schweinen rechnet er 2005 mit zehn Prozent Plus, auch Rindfleisch »läuft« wieder besser, wenngleich der bundesweite Umsatzeinbruch nach der BSE-Krise bis heute nicht wieder aufgefangen wurde. »Von der aktuellen Diskussion über Geflügelfleisch können wir profitieren«, hofft der Unternehmer, der einem saftigen Rindersteak nicht widerstehen kann: »Der Kunde sollte immer darauf achten, dass es marmoriert und durchwachsen ist. Denn Fett ist ein Geschmacksträger - und kleine Fettstrukturen im Fleisch sind ein Qualitätsmerkmal.«

Artikel vom 16.11.2005