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Die Kolumne Stadtgespräch erscheint mittwochs in dieser Zeitung.

Stadt
Gespräch

40 Jahre am »Katzentisch« (146. Folge):Pauline und der Fliegende Pater


Es war vor 16 Jahren, als ich auf der Suche nach deutschen Namen über den Friedhof von Little Paderborn bei Belleville im amerikanischen Bundesstaat Illinois streifte. Da kam mir ein Mann so um die 70 entgegen und erkundigte sich im astreinen Delbrücker Platt, was mich in diese Westfälische Prärie geführt habe. Eine Informationsfahrt der Mittelstandsvereinigung der CDU des Kreises Paderborn hatte damals die dritte Paderborner Partnerstadt nach Le Mans und Bolton zum Ziel.
Erinnerungen wurden wach an meine insgesamt drei Belleville-Reisen, als der Herforder Journalist und Auswanderer-Forscher Friedel Schütte (72) Mitgliedern des Deutsch-Amerikanischen Freundeskreises Paderborn-Belleville jetzt sein aktuelles Buch »Westfalen in der neuen Welt« vorstellte. Etwa 300.000 Westfalen sind zwischen 1830 und 1900 nach Nordamerika ausgewandert, darunter mehr als 10.000 meist arme Leute aus dem Raum Paderborn
Die FDP-Ratsherrin Ellen Rost, VHS-Geschäftsführer Dr. Otmar Allendorf und der Journalist Schütte hatten ab 1985 eine Verbindung mit dem Ortsteil Little Paderborn (Klein-Paderborn) in der Stadt Belleville nahe St. Louis angedacht. Sie fanden die volle Unterstützung von Bürgermeister Wilhelm Lüke, so dass 1990 der Vertrag der »Twin-Cities« (Zwillings-Städte) im Paderborner Rathaus besiegelt werden konnte. Bürgermeister Brauer und seine Frau Dottie waren in Belleville Motoren dieser Städtefreundschaft.
Inzwischen gibt es 17 USA-Partnerstädte mit westfälischen Kommunen. »Paderborn ist darunter die Nr.1«, bescheinigte Friedel Schütte den 350 Paderborner Mitgliedern unter Leitung von Bernd Broer und Dr. Otmar Allendorf. Er nannte den alljährlichen Schüler- und Jugendaustausch mit der amerikanischen Partnerstadt ein »Beispiel für lebendige Verbindungen auch außerhalb Europas«. Übrigens: Das Buch über die Westfalen in der Neuen Welt eignet sich für Freunde in den USA als hervorragender Weihnachtsgruß und passendes Geschenk.
In Schüttes Buch wird der seligen Mutter Pauline von Mallinckrodt ein längeres Kapitel gewidmet. Die Paderborner Ordensstifterin, die am 14. April 1985 durch Papst Johannes Paul II. selig gesprochen wurde, schickte ab 1873 viele Schwestern des Ordens der Christlichen Liebe nach Übersee. Schütte: »Sie hat Schulen gegründet und legte den Grundstein für ein geordnetes Schulwesen in den USA«. Zweimal reiste sie nach Amerika, wo noch heute die beiden Ordensprovinzen in Wilkes-Barre (Pennsylvania) und Wilmette bei Chicago aktiv wirken.
Erinnerung an die Chicagoer Ordensschwestern. Als sie 1985 nach der Seligsprechungsfeier nach Paderborn kamen, stand für sie eine Busfahrt zum Rhein auf dem Programm. Sie fuhren mittags los und kehrten schon zum Abendbrot wieder zurück. Amerikanische Verhältnisse. Und Paul Schmandt hat mit seinen Mittelständlern auch ihre Niederlassung Wilmette im Norden der USA besucht. Hier haben die Schwestern ein Heim für ältere Nonnen. Ergreifend war der Meinungsaustausch mit gebrechlichen Ordensschwestern, die ihre Heimat in Altenbeken und Delbrück nicht mehr wiedersehen konnten!
Ganz in der Nähe von Belleville hat ein Paderborner vor gut 60 Jahren den bedeutendsten nordamerikanischen Marien-Wallfahrtsort geschaffen. Pater Paul Schule, besser bekannt als »Fliegender Pater« und Organisator der MIVA im in unserer Stadt ansässigen Bonifatiuswerk, begründete 1943 mit den amerikanischen Pater Edwin J. Guild die riesige Anlage »Shrine of Our Lady in Snow«. Nach dort kommen an Marienfesten bis zu 40.000 Pilger. Die Wallfahrtsstätte hat einen eigenen Rundfunksender und einen Kreuzweg, dessen Stationen bequem in Autos angesteuert werden.Georg Vockel

Artikel vom 16.11.2005