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Verse zum Schaudern

Wann er anklopft, hilft kein Bitten und Flehen: Die Kardinäle Peter Bier und Lö Schutzler sowie Anna Petrzelka (Papst) vom Ensemble Contretemps, wurdenvom Tode heimgesucht.

Das Ensemble Contretemps zeigte den »Todestanz« in Stiftskirche

Von Jörn Petring (Text und Fotos)
Enger (EA). Vor dem Tod fürchten sich die meisten Menschen - das war besonders der Fall, als die Pest im späten Mittelalter herrschte. Damals zog sich die Angst vor dem »Sensenmann« durch alle Stände und Gesellschaftsschichten.

Auch die Kunstszene beschäftigte sich in Form und Vers mit der Thematik. So entstand das Gedicht »Der Ulmer Totentanz« aus dem Jahre 1650, das umgesetzt in ein Schauspiel am Sonntagabend vom »Ensemble Contretemps« aus Stuttgart in der Engeraner Stiftskirche aufgeführt wurde.
Unter der künstlerischen Leitung von Ursel Fischer erlebte das Publikum im Rahmen des Kulturherbstes eine durch Gesang und Tanzeinlagen vom Tod (alias Anja Bier) perfekt inszenierte Umsetzung der Verse aus der frühen Neuzeit. »Wohlauf mit mir auf diesem Plan! Ein Tanz will ich Euch stellen an, darbei müsst Ihr mir all erscheinen, Ihr tut gleich lachen oder weinen«, lauteten die ersten Verse, die dem Publikum von Peter Diehl und Ursel Fischer-Bernlöhr von der Kanzel der Stiftskirche verlesen wurden. Gemeinsam führten sie das Publikum durch die schauerlichen Verse, legten den stummen Tänzern die Worte in den Mund. So tanzte der Tod, personifiziert durch eine schwarze Skelettgestalt, über den weitflächigen Altarraum der Stiftskirche und lud zum Tanz in die Ewigkeit ein. Papst, Kardinäle, Kaiser, Herzog, Bauern oder das alte Weib: Jeder konnte vom Tode gleichermaßen heimgesucht werden. Diese Gleichgültigkeit des »schwarzen Mannes« visualisierte das 20-köpfige Schauspielensemble findig durch das Tragen weißer Masken, wodurch im Angesicht des Todes alle Betroffenen - egal ob Domherr oder Sternsinger - gleichermaßen hilflos erschienen. »Ihr seid groß, klein, zagt, unverzagt, Der Tod euch allâ zu Haufen schlagt; Papst Kaiser, König müssen mit, Wenn er anklopft, da hilft kein Bitt«, lautete das kompromisslose Todesurteil. Unterstützt durch mittelalterliche Instrumente wie Lauten, Flöten und eine Drehleier wurde der »Ulmer Totentanz« nicht nur durch schauspielerisches Können, sondern auch unter akustischen Gesichtspunkten den Engeranger »Klangwelten« mehr als gerecht.

Artikel vom 15.11.2005