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Ein Klassiker auf der Theaterbühne

Dreistündige Inszenierung von Umberto Ecos Welterfolg »Der Name der Rose« überzeugt

Von Felix Quebbemann
(Text und Fotos)
Espelkamp (WB). Bizarre Morde hinter verschwiegenen Klostermauern entführten das Espelkamper Publikum im Neuen Theater in die Zeit des 14. Jahrhunderts.
Dieter Wien spielte den William von Baskerville.

Dort hat Umberto Eco seinen Welterfolg »Der Name der Rose« angesiedelt, den das Berliner Theater des Ostens am Freitag auf die Bühne brachte. Mit überzeugenden darstellerischen Leistungen und einem opulenten Bühnenbild gelang es, den Klassiker rasant und spannend zu inszenieren.
Regisseurin Vera Oelschlegel bewies, dass die Geschichte des Franziskaner-Mönchs William von Baskerville, gespielt von Dieter Wien, der die rätselhaften Morde in einer italienischen Benediktinerabtei aufklären soll, auch auf der Bühne nichts von ihrer Spannung und Kreativität verliert.
In geheimer Mission reist William mit seinem Adlatus Adson von Melk (Fabian Oscar Wien) in die Abtei. Gerade angekommen ereignen sich rätselhafte Morde. Gemeinsam sind diesen, dass die Toten gefärbte Finger und Zungen haben. William und Adson stoßen bei ihren Nachforschungen auf eine Mauer des Schweigens, auf Verrat, Intrigen und eine geheimnisvolle Bibliothek, die die Auflösung der Morde »beherbergt«. Nur wenig Vertraute innerhalb der Klostermauern helfen den beiden, wie zum Beispiel Severin von St. Emmeram (Stephan Bürgi). Von Abt Abbo (Helmut Krauss) werden die Franziskaner mit Argwohn und Misstrauen empfangen. Und auch der Bibliothekar Malachias von Hildesheim (Thomas Wingrich) hat ein Geheimnis zu verbergen.
Dem Theaterensemble gelang es, eine wirklich gelungene klösterliche Atmosphäre in das Neue Theater zu transportieren. Der Spannungsbogen der Geschichte wurde exzellent durch die Inszenierung wiedergegeben.
»Der Name der Rose« lebt von den hintersinnigen Dialogen, in denen William von Baskerville sich ein Indiz nach dem anderen von den Benediktiner-Brüdern zusammensucht. Und eben diese Dialoge hatten Esprit und Charme, was letztlich auch an Hauptdarsteller Dieter Wien lag, der den William mal witzig, mal unbeherrscht auf die Bühne brachte. Doch versprühte Wien in seiner Darstellung immer die Ruhe, die dem Franziskaner Mönch innewohnt. Auch in den Dialogen mit Adson zeigten sich schwungvolle Elemente, die das Publikum im Neuen Theater zum Lachen brachten. In seiner Rolle als Adson wandte sich Fabian Oscar Wien immer wieder souverän an das Publikum, um die sehr facettenreiche Geschichte zusammenzufassen. Denn sonst hätte das Stück sicherlich noch länger als die schon recht umfangreichen drei Stunden gedauert. Ein Höhepunkt der Inszenierung waren sicherlich die Auftritte des Faktotums »Salvatore« (Stephan Bürgi). Buckelig und entstellt tanzte der Schauspieler über die Bühne. Dabei gelang es dem Schauspieler in einer hervorragenden Art und Weise, die zahlreichen verschiedenen Sprachen, die der Kauz redet und scheinbar unzusammenhängend vermischt, immer wieder vor sich hinzubrabbeln. Ein wahres Kunststück.
Während das Stück vor der Pause etwas ruhiger daherkam, zog es nach der Pause sehr viel Schwung aus der Verurteilung dreier Verdächtiger, unter ihnen Remigius von Varagine, der Verwalter der Abtei, großartig verkörpert von Claus Stahnke. Er spielte den Verwalter mit einer solchen Energie, dass der Zuschauer am Ende der Verhandlung, in der Remigius erschöpft zu Boden fällt, denken konnte, der Schauspieler sei tatsächlich zusammengebrochen. Regisseurin Vera Oelschlegel war es schließlich vorbehalten, den geheimnisvollen Jorge von Burgos zu verkörpern, der blind und gebrechlich letztlich der Schlüssel zur Auflösung der Verbrechen ist.
»Der Name der Rose« war ein lohnender Theater-Besuch, weil es dem Ensemble gelungen ist, eine umfangreiche Geschichte packend und spannend zu erzählen. Auch wenn einige längere Dialogpassagen die Aufmerksamkeit der Zuschauer sehr forderten, ließ der abschließende langanhaltende Applaus erkennen, dass die Besucher ihr Kommen nicht bereut hatten.

Artikel vom 14.11.2005