12.11.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Von Ulrich Schlottmann

Warburger
Aspekte

Biss in den sauren Apfel


Der Warburger Stadtrat hat am vergangenen Dienstag kollektiv in den berühmten sauren Apfel gebissen und einstimmig beschlossen, für Kürzungen der katholischen und der evangelischen Kirche bei der Mitfinanzierung der konfessionellen Kindergärten in die Bresche zu springen.
Angesichts der defizitären städtischen Haushaltssituation hat diese Entscheidung wohl niemand gern getroffen, doch eine andere Möglichkeit hatte der Rat letztlich nicht, denn den gesetzlichen Anspruch auf einen Kindergartenplatz sicherzustellen, ist nun Mal Sache des Staates und nicht der Kirchen.
Hintergrund der Ratsentscheidung war die Änderung der Förderrichtlinien durch das Erzbischöfliche Generalvikariat in Paderborn. Danach sollen vom 1. August 2006 an nur noch solche Kindergärten die volle Förderung erhalten, die am Stichtag 1. November 2004 einen Anteil katholischer Kinder von mindestens 75 Prozent hatten. Diese Quote verfehlten in Warburg sechs von acht katholischen Einrichtungen, darunter alle in der Kernstadt.
In den Kindergärten, die die Hürde unterschreiten, wird das Erzbistum vom Kindergartenjahr 2006/2007 an den Trägeranteil für jeweils eine Gruppe - das sind 8000 Euro - kürzen. Die Warburger Kirchengemeinden, die formell Träger der Kindergärten sind, hatten vor diesem Hintergrund erklärt, jeweils eine Kindergartengruppe schließen zu müssen, sollte die Stadt nicht einspringen.
Parallel dazu hatte sich die evangelische Kirchengemeinde, die ebenfalls mit Zuschusskürzungen ihres Kirchenkreises konfrontiert ist, mit einem ähnlichen Hilfeersuchen an die Stadt gewandt.
Auf das Jahr gerechnet müssen aus dem Stadtsäckel nun 54 000 Euro mehr für die Bezuschussung der konfessionellen Kindergärten aufgebracht werden - ein Mehraufwand von immerhin fast 25 Prozent. Das tut weh, denn den Kommunen geht es ja finanziell keineswegs besser als den Kirchen. Doch alle denkbaren oder zu befürchtenden Alternativen - konkret das Betreiben eines oder mehrerer eigener städtischer Kindergärten - wären natürlich erheblich teurer gewesen.
Gemessen an dem, was in anderen deutschen Bistümern geschieht, ist die Haltung des Erzbistums Paderborn (noch) moderat. So zieht sich die katholische Kirche in Köln teilweise ganz bewusst mit dem Ziel aus der Kindergartenförderung zurück, einen Trägerwechsel herbeizuführen.
Die Finanznot wird dabei zwar als Grund angeführt, aber sie ist nicht allein entscheidend, denn die kirchlichen Träger - in den Ballungszentren noch viel mehr als im ländlichen Raum - müssen zunehmend feststellen, dass ihre Einrichtungen von nicht getauften oder nicht christlichen Kindern besucht werden. Wenn dies Dimensionen wie in manchen Großstädten annimmt, macht es natürlich kaum noch Sinn, wenn kirchliche Träger staatliche Aufgaben wahrnehmen. Gottlob - möchte man sagen - stellt sich die Situation im Warburger Land noch anders dar.
Das letzte Wort dürfte mit dem jetzt gefassten Beschluss des Warburger Rates allerdings noch nicht gesprochen sein. Angesichts rückläufiger Kinderzahlen, dem Anspruch, auch Betreuungsplätze für unter dreijährige Kinder bereitzuhalten, und einer neuen Leistungsanforderung an Kindergärten im Hinblick auf die Erkenntnisse aus der Pisa-Studie sind weitere finanzielle Belastungen im Kindergartenbereich zu erwarten. Auch deshalb werden die beiden Kirchen künftig mit Sicherheit genauer schauen, was noch ihre Sache ist und was eindeutig die des Staates.

Artikel vom 12.11.2005