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Totschlag: neun Jahre Haft

Schuldspruch aufgrund von Indizien im »Mordfall Tewes« - Revision

Hubertus Hartmann (Text und Foto)
Paderborn (WV). »Im Namen des Volkes« verkündete Richter Bernd Emminghaus im »Mordfall Tewes« nach sechs Verhandlungstagen das Urteil: »Der Angeklagte wird wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt«.

Verzweiflung breitete sich nach dem Schuldspruch auf dem Gesicht von Rainer H. aus. Während der Urteilsbegründung schüttelte er immer wieder fassungslos den Kopf. Erst ganz zuletzt hatte der 33-Jährige aus Elsen sein beharrliches Schweigen gebrochen: »Ich kann die Trauer der Familie Tewes nachvollziehen, aber ich habe die Tat nicht begangen«, wandte er sich in einem kurzen Schlusswort an die Angehörigen des Opfers.
Die Sozialpädagogin Elisabeth Tewes (41) war am späten Abend des 10. Oktober 1993 auf dem Futterweg zwischen Grundsteinheim und Dahl auf grausame Weise umgebracht worden. Erst im August 2004 führte eine DNA-Analyse die Mordkommission auf die Spur des Angeklagten. Der saß nach knapp achtjähriger Haft bereits in Sicherungsverwahrung, weil er mehrere Frauen überfallen, beraubt und zum Sex gezwungen hatte.
»Ich habe in meinem Leben viel Mist gemacht, aber eine so brutale Tat kann ich nicht begehen«, beteuerte er nach dem Prozess in einem kurzen Zwiegespräch mit Renate Tewes, der jüngeren Schwester des Opfers.
Das Schwurgericht war dagegen von der Schuld des Angeklagten überzeugt. Zwei Blutspritzer auf dem Mantel des Opfers, die zweifelsfrei von dem Angeklagten stammen, sowie ein am Tatort gefundenes Butterflymesser, wie es der Angeklagte einmal besessen hat, reichten dem Gericht als Beweis für dessen Täterschaft. Richter Emminghaus sagte allerdings auch, ein Motiv habe nicht eindeutig festgestellt werden können. »Wir bewegen uns ein wenig im Rahmen der Spekulation.«
Für Staatsanwalt Ralf Vetter könnten entweder sexuelle Absichten oder Geldgier als Motiv in Frage kommen. »Auch wenn es keine Tatzeugen für dieses schlimme Verbrechen gibt, steht aufgrund der Indizien fest, dass der Angeklagte der Täter war«, meinte Vetter.
Verteidiger Andreas Carl hatte einen Freispruch gefordert. Es sei völlig ungeklärt, wie das Blut des Angeklagten auf den Mantel des Opfers gelangt sei. Vielleicht habe er versucht, den Golf von Elisabeth Tewes zu knacken und sich dabei verletzt, spekulierte Carl. Zumindest blieben massive Zweifel an der Täterschaft seines Mandanten. Er kritisierte die seiner Ansicht nach »einseitige Beweiswürdigung«. Der Anwalt will das Urteil beim Bundesgerichtshof anfechten.

Artikel vom 12.11.2005