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»Politiker müssten ihr
Gehalt zurückzahlen«

ARI-Chef Rudolf Brechmann zu Gast bei der VHS

Schloß Holte-Stukenbrock (bs). »Ich bin gegen jede Subvention in Deutschland. Ohne sie gäbe es mehr Wettbewerb und es würde allen besser gehen«, sagte ARI-Chef Rudolf Brechmann. Dafür gab es beim 7. Stadtgespräch der Volkshochschule am Donnerstag Abend in der Ursula-Schule viel Beifall der knapp 40 Zuhörer.
Auf die Frage, was er von der Politik der künftigen großen Koalition erwarte, war es kurz mit seiner souveränen Ruhe vorbei. »Eigentlich sollte ich gar nichts dazu sagen. Ich rege mich nur auf. Drei Monate lang kommt die Politik nicht in die Pötte. Wenn in Handwerk und Industrie so gearbeitet würde, würde der Pleitegeier überall kreisen«, so der Chef des Armaturenherstellers mit insgesamt 780 Beschäftigten. »Die Politiker müssten ihr Gehalt der vergangenen drei Monate zurückzahlen in den Steuersack, um damit Löcher zu stopfen.«
Dr. Siegfried Kosubek freute sich, dass Rudolf Brechmann sich bereit erklärt hatte, als Gesprächspartner zum Thema »Mut zum Unternehmertum - Hilfen für Menschen und Stadt« zur Verfügung zu stehen. »Manch einer aus Schloß Holte-Stukenbrock hat das gar nicht glauben wollen.« »Ich wundere mich selbst, dass ich heute hier sitze«, parierte Brechmann. Manchmal müsse man eben überraschen, so seine Erklärung.
Der Chef der ARI-Albert Richter GmbH und Co. KG gab einem kurzen Überblick zur Unternehmensgeschichte und ging auf die politische Situation, aktuelle Schwierigkeiten und Entwicklungen ein. Die Zuhörer, darunter Bürgermeister Hubert Erichlandwehr, Unternehmerpilot Werner Thorwesten und viele Unternehmer, verfolgten gespannt die Ausführungen. »Die Subventionen müssten wenigstens um fünf Prozent jährlich abgebaut werden«, meinte Gerhard Hano, als Fragen gestellt werden konnten. Dann wäre die Politik wenigstens auf dem richtigen Weg.
»Wir müssen Sparmaßnahmen ergreifen, so geht es nicht weiter«, betonte der Unternehmer mit Blick auf die Politik. Außerdem sei Bürokratieabbau nötig. »Bürokratismus hält vom Arbeiten ab.« Um mehr Arbeitsplätze schaffen zu können, müsse der Kündigungsschutz gelockert werden. Gut sei die Möglichkeit der befristeten Einstellung.
Von den 780 Beschäftigten an den drei Standorten, in Schloß Holte-Stukenbrock 566, sind rund 70 befristet eingestellt. Diese können 24 Monate beschäftigt werden. »Wer gut ist, wird übernommen.« Aufgrund vieler Firmenschließungen gibt es keinen Facharbeitermangel, aber mit Ingenieuren und Technikern ist OWL mager bestückt. Eine gute Ausbildung ist nach Worten Brechmanns sowieso entscheidend für den Erfolg. Derzeit sind 61 Auszubildende sowohl in gewerblichen als auch kaufmännischen Berufen tätig. In den vergangenen Jahren wurden alle geeigneten Auszubildenden übernommen. »Schließlich kostet die Ausbildung eine Menge Geld.«
Mit den Leistungen von Auszubildenden und Praktikanten sei er im Großen und Ganzen zufrieden, doch bei der Disziplin fehle es manchmal. Gerade auf Ordnung, und das bedeute im Unternehmen auch Sicherheit, nähmen es manche junge Leute nicht so genau.
Auf eine Feststellung legt Rudolf Brechmann dabei Wert: »Wir bekommen keine finanzielle Unterstützung des Staates für Arbeits- und Ausbildungsplätze. Wir wollen frei in unseren Entscheidungen bleiben und sind keine Bittsteller.«
Um als Unternehmer erfolgreich zu sein, müsse man das Geschäft von der Pike auf kennen und sich auf die Mitarbeiter verlassen können. So würden in der Konstruktion, 45 bis 50 Mitarbeiter seien dort tätig, Verbesserungsvorschläge eingebracht, aber auch von den »mitdenkenden Leuten an der Werkbank«. Erbringe ein Vorschlag Einsparungen, erhalte der Erfinder einen prozentualen Anteil. »Ein gut funktionierendes Unternehmen kann auch gute Mitarbeiter verwöhnen.«
Und gut sieht die Lage bei ARI aus. »In den 36 Jahren, in denen ich dabei bin, gab es keinen Umsatzrückgang und bis auf wenige Ausnahmen jedes Jahr einen zweistelligen Zuwachs.«
Zum Erfolg trägt auch das Werk in Halle an der Saale bei. Vor fünf Jahren wurde es gekauft. Hohe Investitionen folgten, danach erwirtschafteten die Mitarbeiter »richtig schwarze Zahlen«. Zwar wurde die Mauer abgerissen, doch es wurde versäumt, Brücken zu bauen, um Neues entstehen zu lassen. Es ist eine Katastrophe, wenn die Leute weggehen müssen, anstatt dort etwas aufbauen zu können, so Brechmanns Einschätzung zur Deutschen Einheit.
Befragt von Dr. Kosubek zu seinen Wünschen für ARI, spricht Rudolf Brechmann von Vorstellungen und Visionen. Der Bedarf an Armaturen werde so schnell nicht aufhören, Chancen gebe es im Export und auch in Deutschland. Er hoffe, dass seine Mitarbeiter auf Dauer sichere Arbeitsplätze haben. Die Unternehmensnachfolge sei jedenfalls geregelt, betonte der 64-Jährige. Zum Januar 2007 werde er sich aus der Firmenleitung zurückziehen. Die bereits im Unternehmen tätigen Söhne von ihm und seinem Vetter Reinhard Brechmann, Heinrich und Michael, würden dann weitere Verantwortung übernehmen.

Artikel vom 12.11.2005