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Exotische Blüten leuchten
über schwarzem Sand
Teneriffas Norden: Puerto de la Cruz ist ein schönes Ziel im Winter
Der Sand ist schwarz! Das entspricht zwar nicht der Vorstellung von einem Traumstrand, aber Teneriffa ist nun mal eine vulkanische Insel - und so viel Sand könnte man gar nicht aus der Sahara herbeikarren, um damit alle Buchten auszustatten.
Heute kommt er jedoch nicht per Schiff, sondern durch die Luft. Es stürmt, was das Zeug hält. Und mit dem Wind kommen die kleinen Körnchen. Mikroskopisch klein, nicht zu spüren - außer man trägt Kontaktlinsen. Irgendwann fragt man sich dann, ob die schlechte Sicht von den tränenden Augen oder vom Sand in der Luft kommt, der Teneriffa einnebelt.
Der Sturm peitscht den Ozean gegen die Hafenmolen, die natürlichen Wellenbrecher aus riesigen Lavabrocken und die Steilküste, auf der die bunten Häuser des Stadtteils Punta Brava liegen. Und das beantwortet auch die Frage, warum sich Puerto de la Cruz so individuell gibt: Wo finden Urlauber schon eine Promenade, die fast 100 Meter hoch über dem Meer beginnt und traumhafte Ausblicke gewährt? Rechts der Atlantik, links der Teide, unten die Stadt mit ihren Hoteltürmen. Dazu eine Vegetation, die ihresgleichen sucht. Orchideen blühen, Palmen wiegen sich im Wind, Bananen gedeihen prächtig.
Die größte Stadt im Nordwesten von Teneriffa zieht seit Jahrzehnten besonders Winterurlauber an, die im feuchtwarmen Klima das üppig sprießende Grün genießen. Es waren reiche Engländer, die im 19. Jahrhundert ihrer neblig-kalten Insel den Rücken kehrten und in Puerto de la Cruz die Tradition des Überwinterns im sonnigen Süden begründeten.
Es gibt allerdings doch ein einziges Lokal, welches eine Terrasse direkt am Meer besitzt: das »Tambo«. Seine geschützte Lage ist einzigartig in der Bucht, die kanarischen Fischspezialitäten machen es zusätzlich attraktiv. Aber man darf auch nur eine Knoblauchsuppe bestellen oder ein Glas Wein trinken, ohne schief angesehen zu werden.
Gegründet wurde Puerto de la Cruz schon Anfang des 17. Jahrhunderts. Das kleine Fischerdorf diente als Hafen für das oberhalb am Berg gelegene La Orotava. Dies besaß schon im 16. Jahrhundert Stadtrechte, dort arbeiteten wackere Müller und fleißige Landwirte. König Karl III. legte auf halber Höhe einen botanischen Garten an, in dem zahlreiche tropische Gewächse gepflanzt wurden. Diese wuchsen dort wie geplant, obwohl der Winter auch kühle Tage haben kann. Doch Karls Plan, die Pflanzen dadurch winterhart und damit für das spanische Festland geeignet zu machen, scheiterte. Die Anlage begründete aber die Tradition von außergewöhnlichen Parks, die Puerto de la Cruz heute mehr denn je zu einer sehenswerten Stadt machen.
So hat der von Lanzarote stammende Architekt Cesar Manrique der Stadt eine herrliche Badelandschaft geschenkt. Die von Lava umrandeten Meerwasserpools sind eine gute Alternative zu den kleinen Stränden. Natürlich bildet eine typische Manrique-Skulptur den Mittelpunkt der Anlage, die derzeit aufwändig renoviert wird. 2006 soll der außergewöhnliche Wasser-Park dann wieder voll nutzbar sein.
Der Weg gen Süden führt durch die kleine Altstadt. Es gibt dort nicht viele historische Häuser, die erhalten blieben. Schuld daran sind die Banken, die in der Vergangenheit zwar großzügige Kredite für Neubauprojekte vergaben, aber Bauherren, die eine historische Immobilie restaurieren wollten, die kalte Schulter zeigten. Wenigstens die hübsche Kapelle San Telmo aber, die die Fischer ihren Schutzheiligen widmeten und die durch Feuer und Sturm mehrfach zerstört war, ist aber wieder aufgebaut worden.
Auch das typisch kanarische Punta Bra- va ist eine moderne Urbanisation, in der sich die dritte bedeutende Gartenanlage der Stadt befindet: »Loro Parque«. 1972 von dem Deutschen Wolfgang Kiessling gegründet, der seine Papageien für gerade mal 100 Peseten Eintritt der Öffentlichkeit zugänglich machte, ist daraus die weltgrößte Sammlung und Zuchtstation für diese exotischen Vögel geworden.
So ist es Kiessling gelungen, auch vom Aussterben bedrohte Arten in seinem Park aufzuziehen. Eine Stiftung finanziert die Arbeit - und das Kapital erwirtschaftete ihr Gründer durch die Realisierung eines modernen Tier- und Freizeitparks. Eindrucksvoll ist die riesige Pinguinhalle, in der die antarktischen Schwimmvögel ein artgerechtes Zuhause fanden. Aber auch Delfine, Krokodile, Affen, Haie, Koi-Karpfen und Orchideen sowie ein nachgebautes thailändisches Dorf tragen zur Attraktivität des »Loro-Parque« bei. Thomas Albertsen

Artikel vom 19.11.2005