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Aus Briefen an die Redaktion

Steuer aus der
Kuriositätenkiste
Der Haupt- und Finanzausschuss empfiehlt dem Rat die Erhöhung der Hundesteuer. Zu dem Thema erreichte die Redaktion die Zuschrift eines Lesers:

Als ordnungspolitische Maßnahme wird die kommende Hundesteuererhöhung jetzt deklariert. Dass die Hundesteuer nicht mehr in unsere Steuerlandschaft passt, darüber sind sich viele Bürger einig. Seit Jahrzehnten bedienen sich Politiker immer wieder ihrer besonders beliebten und scheinheiligen Alibi- und Rechtfertigungsargumenten zur Beibehaltung der sittenwidrigen Tierhaltesteuer, auf die sie niemals verzichten wollen, wie zum Beispiel: »Eindämmung durch Steuer, gesundheits- und ordnungspolitische (Lenkungs)funktion, Hundekot, Kampfhund, Gefahr- und Belästigung der Öffentlichkeit und Allgemeinheit durch Hunde usw.«
Eine zutiefst beschämende Strategie für finanzpolitische Interessen. Die emotionale mitgeschöpfliche Mensch-Hund-Beziehung durch Liebe und tiefe Zuneigung des Bürgers zu seinem Hund wird mal wieder aus Gier nach jedem Steuereuro skrupellos missbraucht.
Führende Christdemokraten aus dem Rat der Stadt Höxter sehen Hunde mittlerweile als Plage und müssen daher ordnungspolitisch diszipliniert werden. Egal wo man hinkomme, überall seien Verunreinigungen. Hier wird den Hundehaltern mal wieder Sand in die Augen gestreut. Die Hundesteuer kann ja wohl nicht als Reinigungssteuer für Hundekot dienen. Diese Reinigungskosten sind durch andere Steuermittel bereits abgegolten. Hieraus erklärt sich von selbst, dass die Hundesteuer nicht mit Hundekot zu rechtfertigen ist. Beides steht in keinem Zusammenhang. Sonst bekäme die Hundesteuer den Charakter einer Strafsteuer. Eine solche ist jedoch im Bundessteuerrecht nicht vorgesehen. Geeignete Mittel hierfür sind vielmehr bußgeldbegehrte ordnungsbehördliche Verordnungen wie die Straßen- oder Grünflächenordnung, die eine Verschmutzung durch Hundekot untersagen. Hiermit lassen sich Zuwiderhandlungen im Einzelfall hinreichend sanktionieren. Es ist äußerst bedenklich, Lebenssachverhalte, die bereits durch Bußgeldtatbestände geregelt sind (Bundesdurchschnitt 150 Euro), über die Sanktionsnormen hinaus noch zusätzlich mit Steuern zu belegen, wie dies mittels der Hundesteuer geschieht. Es ist auch nicht einzusehen, weshalb die Beseitigung des Hundekots den Kommunen zusätzliche Reinigungskosten verursachen soll, die eine Hundesteuer als Ausgleichsabgabe rechtfertigen könnte.
Hundehalter in Deutschland gehören nicht gerade zu den Großverdienern der Nation; sie finanziell bluten zu lassen, nur weil sie ein Herz für Tiere haben und Hunde lieben, ist ein finanzpolitischer Skandal und sollte Politiker, die Hunde als Plage empfinden, zutiefst beschämen.
»Die Hundesteuer war früher eine Luxussteuer (erstmalig im 19. Jahrhundert in Preußen eingeführt). Damals zahlte man auch für das Halten von Katzen, Enten, Nachtigallen oder eines Klaviers sowie für das Halten von Dienstboten...«. Als einzige Steuer aus der Kuriositätenkiste hielt sich bis heute die Hundesteuer. Steigende Hundesteuersätze (ohne Rücksicht auf das Einkommen) haben zur Folge, dass sich immer mehr Hundebesitzer aus sozial schwächeren Bevölkerungsschichten, darunter überwiegend ältere und einsame Bürgerinnen und Bürger, von ihrem Liebling trennen müssen. Aber ein Hund der abgeschoben werden muss, der leidet, und dies verstößt gegen den Tierschutzgedanken. Auch das Argument, die Erhöhung der Hundesteuer würde der Ausbreitung des Hundebestandes entgegenwirken, trifft nicht zu. Glaubt man Befürwortern der Hundesteuer, so müsste es in Köln eine regelrechte Hundeplage geben. Das Gegenteil ist der Fall: Der Hundebestand ist in Köln von 30 000 Hunden auf 27 000 zurückgegangen.
Es kann ja wohl nicht angehen, dass Großkonzerne wie zum Beispiel Daimler/Chrysler oder Siemens keine Gewerbesteuern zahlen, jedoch die Schwächsten unserer Gesellschaft für ihre Liebe zum Mitgeschöpf »Hund« für finanzpolitische Interessen kräftig zur Kasse gebeten werden mit sehr hohen Steuersätzen und progressiver Doppelbesteuerung (bei Mehrhundehaltung). Dies ohne Rücksicht auf die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des einzelnen Hundehalters (arme Rentnerin mit kleinen Einkommen für eine bemitleidenswerte Kreatur aus dem Tierheim oder reicher Industrieller für seinen wertvollen Rassehund). Nur in Deutschland wird ab dem zweiten Hund progressiv besteuert; das gibt es sonst bei keiner anderen Steuerart in Deutschland und ist als grober Verstoß gegen die »steuerliche Gleichbehandlung« im Bezug auf alle anderen Steuerarten (Art. 3 Grundgesetz) zu bewerten.

Jürgen Meyer
37671 HÖXTER

Artikel vom 11.11.2005