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Mittelalterliche Tänze in der Kirche

Das Ensemble Contretemps führt am Sonntag den Ulmer Totentanz in Enger auf

Enger (EA). Die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde Enger lädt am Sonntag, 13. November, in die Stiftskirche ein. Hier führt das Ensemble Contretemps aus Stuttgart von 19.30 Uhr an den Ulmer Totentanz von 1650 auf.

Die Veranstaltung ist Teil des Kulturherbstes Enger 2005 und wird durch das Imagekonzept Enger 2000+ gefördert. Der Kirchenjahreszeit entsprechend erscheint das Hauptthema »Mit Pauken und Trompeten« in einem ganz anderen Spektrum als bei den bisherigen Veranstaltungen.
Das Ensemble Contretemps wurde von Ursula Fischer-Bernlöhr, Dozentin an der Hochschule für Musik in Stuttgart, gegründet und wird von ihr auch heute noch geleitet. Stuttgart hat sich nicht zuletzt durch das langjährige Wirken von Marcia Haydée einen Ruf als Ballett-Metropole erworben. Das Repertoire des klassischen Balletts beginnt allerdings erst mit dem 19. Jahrhundert und lässt die vorherigen Epochen unberücksichtigt.
Bewegung und Tanz sind jedoch ursprünglich mit der Entwicklung der Musik sowohl im religiösen als auch im säkularen Bereich verbunden. Das Ensemble Contretemps hat es sich zur Aufgabe gemacht, insbesondere historische Tanzformen in thematischem Zusammenhang neu zu beleben. Beim Ulmer Totentanz geht es gemäß der mittelalterlichen Vorlagen um einen bunten Reigen, der die Repräsentanten der ständischen Gesellschaftsordnung vorführt: Kaiser und Kaiserin, Papst und Kardinäle, Ritter, Bauer, Sternsinger, Dichter, Spielmann und Narr.
Vorlagen für die Aufführung in der Stiftskirche Enger bieten mittelalterliche Gemäldezyklen, die sich in Kirchen und auf Friedhofsmauern fanden, Holzstiche sowie Legenden in Gedichtform. Berühmt sind die Darstellungen im Campo Santo von Pisa und auf dem Pariser Friedhof »Les Innocents«.
Unzählige Pestepidemien und Kriege stellten von jeher massive Herausforderungen an die Menschen dar, sich mit der Todesthematik zu befassen. Der 30-jährige Krieg von 1618 bis 1648, starke Klassengegensätze im Absolutismus, Todesfurcht und -sehnsucht lösten im 17. Jahrhundert ver-stärkt unterschiedliche Totentanzdarstellungen aus, deren exemplarische Darstellung auch heute noch eine Faszination ausüben.
Das Ensemble Contretemps ist schon zum wiederholten Mal Gast in der Widukindstadt und zahlreichen Besuchern noch durch Sorgfalt und Eindringlichkeit der musikalischen und tänzerischen Darbietungen in bester Erinnerung. Mit diesem Beitrag zum Ulmer Totentanz von aus dem Jahre 1650 setzt es einen wesentlichen Akzent im Gesamtkonzept des Festivals »Klangwelten«.

Artikel vom 11.11.2005