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Mit Aktiv-Kohle das
Grundwasser reinigen

Kontaminierungen auf alter Bauschuttdeponie

Von Ulrich Hohenhoff
(Text und Foto)
Quelle (WB). Sünden der Vergangenheit von großen und kleinen Industrieunternehmen beschäftigen immer wieder das Umweltamt. Eine Altlast besonderer Art hat die ehemalige »Friedrich Wilhelm Bleiche« an der Lutter in Quelle hinterlassen.

Auf der früheren angeblich reinen Bauschuttdeponie fanden sich Ablagerungen von Farbschlämmen und anderen Produktionsrückständen, die in das Grundwasser eingedrungen waren. Mit einer Aktiv-Kohle-Aufbereitungsanlage, die gestern in Betrieb genommen wurde, will das Umweltamt Grundwasser abpumpen, reinigen und wieder der Lutter zuführen. Die in einem schlichten Stahl-Container untergebrachte Filter-Anlage steht im lokalisierten Schadenzentrum, läuft rund um die Uhr und wird eineinhalb bis zwei Jahre arbeiten.
Martin Meyer vom Bielefelder Umweltamt erläuterte bei einem Ortstermin die Hintergründe des Sanierungsprogramms. Die »Friedrich-Wilhelm-Bleiche« hatte in den 40er und 50er Jahren auf ihrem Areal eine Bauschuttdeponie angelegt, deren Verfüllung in den 60er Jahren abgeschlossen wurde.
Bei Untersuchungen stieß das Umweltamt auf Verunreinigungen, nahm zunächst einen Zusammenhang mit der Kesselwagen-Explosion im Brackweder Bahnhof 1978 oder der Aufgabe des Chemie-Lagers der Firma »Hanke & Seidel« an - bis man auf dem alten Deponiegelände auf Fässer mit Farb- und Lackresten stieß. Um ein Eindringen der Schadstoffe in das Grundwasser zu unterbinden, wurde der kontaminierte Boden beseitigt.
Immer noch verunreinigtes Wasser floss fortan über die Brauchwasserbrunnen des benachbarten Lederverarbeitungs-Unternehmens »Möller«, gelangte so nicht ins Grundwasser. Dennoch behielt das Umweltamt den Bereich im Auge, stellte bei Probebohrungen und Grundwasserbeobachtungen eine 400-fache Überschreitung des für Trinkwasser zulässigen Grenzwertes fest. Martin Meyer: »Die chlorierten Kohlenwasserstoffe sind bei dauerhaftem Genuss gefährlich, zum Glück gibt es hier keine Trinkwasserbrunnen«.
Um jegliches Risiko bei steigendem Grundwasserspiegel (ausgelöst durch Einstellung der Leder-Produktion der Möller-Werke) zu vermeiden, entschloss sich das Umweltamt zur Aufstellung der Aufbereitungsanlage. Die hat zwei Filter-Behälter - »einer ist zur Sicherheit da« - und reinigt sieben Kubikmeter Wasser pro Stunde. Das fließt dann wieder in die angrenzende Lutter. Alle zwei bis drei Monate muss die Aktivkohle mit einem Volumen von einem Kubikmeter ausgetauscht werden.
Über fünf eigens angelegte Beobachtungspegel wird das in acht bis zehn Meter Tiefe fließende Grundwasser kontrolliert, in der Anfangsphase wöchentlich, später monatlich. Martin Meier: »So gehen wir auf Nummer Sicher.« In dem Bereich des 500 Quadratmeter umfassenden Schadenzentrums gibt es vier so genannte Grundwasserstockwerke. Wasser kann nicht von einem Bereich in den nächsten gelangen. »Belastet ist nur der obere Bereich«, sagt Martin Meyer.
Das gesamte Areal ist inzwischen von Bäumen und Sträuchern überwuchert, Absenkungen lassen aber das Areal der ehemaligen Deponie und zum Teil auch die Lage der alten Bleichbecken deutlich erkennen. »Wir haben sogar den alten Betriebsbrunnen gefunden, der war aber nicht verunreinigt«, sagt Martin Meier. Die Gesamtkosten der Sanierungsmaßnahmen belaufen sich auf 200 000 Euro, 95 000 davon für die Aufbereitungsanlage. »80 Prozent übernimmt das Land aus Mitteln des vor Jahren aufgelegten Altlastenfonds«, freut sich der Umweltexperte.

Artikel vom 10.11.2005