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Die Rückkehr der Senioren

Fleischerei Rotte: Sohn übergibt das Geschäft an seine Eltern

Von Stephan Rechlin
Gütersloh (WB). Solch eine Geschäftsübergabe erlebt die Fleischerinnung nur selten. Bei Rottes übergibt der Sohn an die Eltern. »Wir machen das eben mal anders herum«, antwortet Tochter Christa Kölkebeck launig auf Fragen der Kunden.

Der tatsächliche Hintergrund ist sehr privat, eignet sich nicht für einen Plausch an der Fleischtheke. Sohn Lutz Rotte kann den Betrieb aus gesundheitlichen Gründen nicht weiterführen. Normalerweise bedeutet es das Ende der 40 Jahre alten Fleischerei, der einzigen in Gütersloh, in der noch geschlachtet wird. Um eine längere Schließung zu vermeiden, springen die Senioren Christa (66) und Berthold (70) Rotte noch mal ein. »Naja, das funktioniert vielleicht höchstens für drei Jahre. In dieser Zeit müssen wir einen neuen Pächter finden«, sagt der Seniorchef.
Weißer Hut, weiße Schürze, langes, scharfes Messer. Berthold Rotte steht hinten in der Schlachterei am Zerlegetisch. Er bereitet Schweinefleisch auf, für die Wiedereröffnung am morgigen Donnerstag. Um ihn herum blinkt der Stahl: eine Rauchkoch-Anlage, zwei Kombi-Backöfen, ein Fleischwolf, der Cutter, der Füller, die Mengenmaschine. Alles in einem Top-Zustand. »Ich wollte immer einen modernen Betrieb haben. Auf einen Schlag kann man sowas nicht bezahlen. Wir haben zwischendurch immer wieder was erneuert«, sagt Rotte.
So gut wie alles, was vorne im Laden an der Friedhofsstraße 32 in der Auslage liegt, kommt aus seiner Schlachterei. Die Fleischwurst. Die Jagdwurst. Die Zwiebelmettwurst. Der Schinken. Zum »Renner« bei den Kunden wurden die hausgemachte Mett- und Leberwurst. Rotte kann die Herkunft jeder einzelnen Faser nachweisen. Sein Fleisch bezieht er von Friedhelm Tellbrügge, einem Bauern in Halle-Kölkebeck. Manchmal bringen auch Jäger ihre Beute vorbei. Die Qualität seiner Produkte hat sich herumgesprochen. Sogar ein Biobauer bezieht seine Waren aus der Gütersloher Fleischerei.
Der gute Ruf dürfte auch dazu beigetragen haben, dass Rotte allĂ• die Krisen der Fleischindustrie überlebte. Ein älterer Stammkunde erkundigt sich an der Tür, ob es Morgen auch die Mett-Enden wieder gibt. »Ich hatte in den letzten Tagen nur dieses verpackte Zeug, diese Mist-Enden.«
Christa Rotte fragt hinten in der Schlachterei nach. »Jau, Mett-Enden haben wir Morgen auch wieder.«

Artikel vom 09.11.2005