09.11.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Nicht nur auf professionelle Hilfen verlassen

Jugendforscher Palentien: Kreis Höxter ist bei der Suchtvorbeugung auf einem guten Weg

Von Jürgen Köster
Brakel (WB). Stress in der Schule, in der Freizeit und in der Familie sind Ursache für Reaktionen bei Jugendlichen. Gewaltausbrüche Ê-Êwie zurzeit bei den Krawallen in Frankreich -Êsind eine Folge, die nach außen hin sichtbar wird. Eine Reaktion »nach innen« ist häufig die Flucht zur Droge. Warum dies so ist und welche Forderungen an die Gesellschaft daraus resultieren, machte Prof. Dr. Christian Palentien, Jugendforscher an der Universität Bremen, im Festvortrag zum Auftakt der Aktionswochen zur Suchtvorbeugung deutlich.
Jochen Weyand, Diplom-Psychologe und Schauspieler, zeigte bei der Auftaktveranstaltung eine Performance »Liebesgrüße an Papa«. Fotos: Jürgen KösterProf. Dr. Christian Palentien, Jugendforscher an der Universität Bremen, hielt den Festvortrag.

Dazu begrüßte Gregor Blömer, Leiter des Beratungszentrums Brakel, zahlreiche Vertreter des öffentlichen Lebens sowie der an der Aktionswoche beteiligten Kooperationspartner. Nach einem geistlichen Auftakt, gestaltet von Pfarrer Wilhelm Koch und Anke Söthe von der evangelischen Kirchengemeinde, führte Franz-Josef Thöne, Vorsitzender des Caritas-Verbandes für den Kreis Höxter, in die Thematik ein. Die große Resonanz, die die Auftaktveranstaltung gefunden habe, gebe den Mitarbeitern des Beratungszentrums Kraft und Motivation, sich weiter zu engagieren. Die Zahl der in der Suchtberatung hauptamtlich Tätigen sei gering, die der Betroffenen steige stetig. In einem großflächigen Raum wie dem Kreis Höxter sei die Arbeit in der Prävention daher nur mit einem gut funktionierenden Netzwerk möglich.
Als Schirmherr der Aktionswochen begrüßte es Landrat Hubertus Backhaus, dass durch diese der Suchtprävention neue Impulse gegeben würden. Durch Drogenmissbrauch und die damit verbundenen gesundheitlichen Schäden würden nicht nur Angehörige und Betroffene in große Sorge gestürzt, sondern die Gesellschaft insgesamt belastet. Ziel einer erfolgreichen Suchtprävention müsse es sein, die persönlichen und sozialen Ressourcen in jedem Lebensalter zu fördern, damit Menschen fähiger werden, Belastungssituationen zu bewältigen, statt sich in den Dauerkonsum von Suchtmitteln zu flüchten. »Wir sollten uns nicht nur auf professionelle Hilfen verlassen. Denn jeder einzelne steht in diesem Zusammenhang in der Verantwortung«, betonte der Landrat.
Der Kreis Höxter sei mit Blick auf die Ziele von Prävention auf einem guten Weg, urteilte Prof. Dr. Palentien. Es gelte:
¥ belastete Jugendliche zu erreichen,
¥ Drogen als Symptome zu betrachten,
¥ die Probleme der Jugendlichen zu lösen und
¥ Hemmschwellen zu den angebotenen Hilfen zu überwinden. Diese Ziele würden mit den Aktionswochen angestrebt.
Die Ursachen für die Probleme der Jugendlichen sind laut Palentien in ihren zentralen Lebensbereichen (Schule, Freizeit, Familie) zu finden. In der Schule komme es zu einer »Ausdifferenzierung »nach oben« und »nach unten«. In der Freizeit spiele die Medien- und die Konsumorientierung der Jugendlichen eine große Rolle. Palentien: »Sie bekommen ihre Vorbilder nicht mehr in der Kultur oder Politik vermittelt, sondern aus den Daily Soaps in den Medien.« Auch die Familie, die eigentlich die Probleme auffangen solle, sei dazu nicht mehr in der Lage. »Junge Familien haben nicht mehr die nötigen Kompetenzen. Eltern haben heute ihre eigenen Probleme«, stellte Palentien fest.

Artikel vom 09.11.2005