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»Ohne Zivilcourage
aufgeschmissen«

Polizei: Junkies für Autoaufbrüche verantwortlich

Gütersloh (mdel). Kaum ein Tag vergeht, an dem in Gütersloh kein Auto aufgebrochen wird. Die hohe Zahl macht Polizeidirektor Karsten Fehring und seinen Kollegen zu schaffen. Zwar konnten in den vergangenen vier Wochen 13 mutmaßliche Täter festgenommen werden. »Doch wurden zehn auch wieder auf freien Fuß gesetzt«, berichtete Fehring am Montagabend dem Gütersloher Hauptausschuss.

Besonders umstritten ist der Fall, in dem ein Mann aus der Untersuchungshaft entlassen wurde, weil er angeblich unter »Haftangst« leidet. Er soll für mehr als 100 Autoaufbrüche verantwortlich sein. Trotz großer Kritik von Seiten der Politik hält sich Fehring mit Justiz-Schelte zurück. Dieser Fall müsse gesondert betrachtet werden. »Die Haftrichter in Gütersloh tun ihr Möglichstes. Ihnen sind die Hände gebunden. Sie können niemanden auf Verdacht ins Gefängnis schicken«, erklärt Fehring. Der Polizeidirektor geht davon aus, dass es sich bei der Häufung von Autoaufbrüchen nicht um organisierte Banden-, sondern um Beschaffungskriminalität handelt. Ein großer Teil der Täter sei dem Drogenmilieu zuzuordnen. Fehring: »Die Junkies brauchen täglich das Geld. Wir alle müssen uns fragen, was wir dagegen unternehmen wollen.«
Im Kreis Gütersloh sind die Zahlen deutlich höher als in den Nachbarkreisen. Der Polizeidirektor vermutet, dass hier die Absatzwege für die gestohlenen Gegenstände besser sind. Offenbar steckt eine professionelle Hehlerstruktur dahinter. So haben es die Täter oft auf Navigationsgeräte abgesehen. »Es dauert keine 20 Sekunden, um solche Anlagen zu stehlen«, sagt Fehring und appelliert an die Gütersloher Bevölkerung, wachsam und couragiert zu sein. Es besorge ihn, dass manche Bürger verdächtige Handlungen beobachteten, diese dann aber nicht meldeten, weil sie Angst vor Racheakten hätten. »Wenn wir diese Art von Zivilcourage nicht mehr haben, sind wir als Polizei aufgeschmissen«, so Fehring.
Das zweite Problemfeld der Gütersloher Ordnungshüter ist die hohe Anzahl an Fahrraddiebstählen. Je 100 000 Einwohner verschwinden im Regierungsbezirk Detmold durchschnittlich 397 Fahrräder. Im Kreis Gütersloh sind es 800 und in der Stadt Gütersloh sogar mehr als 1000 Drahtesel. »In den Kreisen Höxter oder Lippe macht das Fahrradfahren offenbar keinen Spaß«, scherzt der Polizeidirektor. Schutz böten gute Schlösser und die Registrierung von Rädern.
Weiterhin in Gesprächen befinden sich die Ordnungshüter aus der Dalkestadt mit ihren Kollegen von der britischen Militärpolizei. Ursache hierfür sind Soldaten, die in der Vergangenheit des öfteren in Gütersloh randaliert haben. »Die Briten wollten sogar drakonische Maßnahmen durchführen und den kompletten Innenstadtbereich für Angehörige der Streitkräfte sperren. Aus unserer Sicht ist dies jedoch nicht notwendig. Dafür werden jetzt am Kasernengelände Alkoholkontrollen durchgeführt und die Militärpolizei personell verstärkt«, berichtet Fehring.

Artikel vom 09.11.2005