08.11.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Vorteil für »Schnippler«

Gericht: Vorfahrtsverletzung wiegt schwerer


Von Hubertus Hartmann
Paderborn / Hamm (WV). Eine Vorfahrtsverletzung ist nach Ansicht des Oberlandesgerichts Hamm deutlich schwerwiegender als ein Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot. Die Richter bezifferten die Haftungsquote auf 80:20.
Der kuriose Unfall passierte auf dem Josef-Temme-Weg in Schloß Neuhaus. Franziska M. fuhr mit ihrem Golf vom Parkplatz des Waldfriedhofs, als ihr von rechts plötzlich ein BMW entgegen kam. Dessen Fahrer, der 86-jährige Bernhard G., war von der Hatzfelder Straße nach links in den Josef-Temme-Weg abgebogen, hatte dabei aber die Kurve »geschnippelt« und befand sich beim Zusammenstoß praktisch auf der linken Fahrbahnseite.
Am Golf entstand ein Schaden von etwa 6 800 Euro, und Franziska M. verklagte den BMW-Fahrer auf Schadenersatz. Das Landgericht Paderborn sprach ihr immerhin zwei Drittel, nämlich 4 500 Euro, zu.
Bernhard G. legte gegen diese Entscheidung Berufung ein. »Mein Mandant hat zwar gegen das Rechtsfahrgebot verstoßen, ist aber keineswegs besonders schnell gefahren«, argumentierte Rechtsanwalt Marcus Vockel. Nach gängiger Rechtsprechung schütze das Rechtsfahrgebot nur den Gegen- und Überholverkehr, nicht aber eine Verkehrsteilnehmerin, die von einem Grundstück komme und die Vorfahrt missachte. Demzufolge sei das Verschulden der Unfallgegnerin deutlich höher zu bewerten.
Der 6. Zivilsenat reduzierte die Schadenersatzsumme auf 1 370 Euro.OLG Hamm, 6 U 154/04

Artikel vom 08.11.2005