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Bünder Kantorei überzeugt
bei schwierigsten Werken

Chor einfühlsam - Kiefer überragend an der Orgel


Bünde (BZ). Die Bünder Kantorei unter Leitung von Kirchenmusikdirektor Hans-Martin Kiefer hatte für Sonntag zu einem Chor- und Orgelkonzert in die Pauluskirche eingeladen. Viele Zuhörer folgten dieser Einladung - und wurden (im musikalischen Teil) nicht enttäuscht. Umrahmt wurden die Werke von Texten, die Pfarrer Rainer Wilmer vortrug und die im Nachhinein viel Anlass zur Diskussion gaben.
Eingeleitet wurde das Konzert mit der wunderschönen Schütz- Motette »Die Himmel erzählen die Ehre Gottes«, die von der Kantorei sehr einfühlsam musiziert wurde. Bei Schütz steht die musikalische Gestaltung des Wortes im Vordergrund und gerade dem spürte die Kantorei in ebenso behutsam wie zupackend nach. Die hervorragende Stimmschulung d Hans- Martin Kiefer machte sich in diesem subtilen Werk einmal mehr bemerkbar, zur Freude der Zuhörer.
Gleiches gilt auch für die technisch sehr anspruchsvolle Motette »Jesus und Nikodemus« von Ernst Pepping, die der Chor sehr ansprechend interpretierte . Ernst Pepping, ein Erneuerer der modernen Chormusik und Bewunderer von Heinrich Schütz, verlangt dem Chor eine große Perfektion ab, die die Kantorei doch sehr überzeugend zu leisten wusste. Neue, ungewohnte Klänge, dichte rhythmische Partien, das alles stellt an den Chor schon hohe Ansprüche, denen die Bünder Kantorei absolut gerecht wurde und diese Motette zu einem wirklichen musikalischen Erlebnis werden ließ.
Bei dem dritten Chorwerk handelte es sich nicht um ein acappella-Werk, sondern um ein Stück für dreistimmigen Frauenchor und Orgel. Kiefer an der Orgel und ein kleines, ausgewähltes Vokalensemble musizierten den 13. Psalm des jungen Johannes Brahms »Herr, wie lange willst du mein so gar vergessen«. Dieses technisch sehr anspruchsvolle, musikalische Kleinod meisterten die Sängerinnen mit ihren geschulten Stimmen ausgezeichnet.
Das letzte Werk des Chores war Felix Mendelssohn Bartholdys bekannte Psalmmotette »Richte mich Gott«, die mit ihren herrlichen romantischen Klängen den Zauber der Brahms-Motette noch intensivierte. Wunderbar, mit welcher Homogenität der Chor die prachtvolle Klangentfaltung der Mendelssohnschen Komposition vor dem Hörer zelebrierte. Voller Ergriffenheit folgten die Zuhörer dem Chor in diese einzigartige Klangwelt und war eigentlich traurig, dass die eher kurzen Motetten leider jeweils nur musikalische Momentaufnahmen waren.
Auch die drei Orgelwerke, die Hans-Martin Kiefer zu Gehör brachte, passten sehr gut in den Rahmen diese Programmes. Zwei Kompositionen des früh verstorbenen, aber durchaus beachtenswerten französischen Meisters Jehan Alain (1911 - 1940) faszinierten mit ihrer eindringlichen Klangsprache. Betonten die »Variationen über ein Thema von Clement Jannequin« eher die Verbindung des archaischen Choralthemas mit der Öffnung neuer Klangräume, so war der Dreh - und Angelpunkt der »Litanies« ihre Lebendigkeit, ihre musikalische Virtuosität und Originalität. Kiefer fühlte sich bei diesem Stück so ganz in seinem Element und zauberte ein wahres Feuerwerk von Tönen.
Die Sonate in d-moll von Felix Mendelssohn inspirierte den Organisten zur ganzen Klangentfaltung der schönen Pauluskirchen-Orgel und war ein wahrer Ohrenschmaus. Welche Fülle an musikalischem Wohlklang.
Diese herrlichen Chor- und Orgelwerke wurden durch eine Textauswahl (Drewermann, Kaschnitz, Rilke/Hammersskjöld) ergänut, die Pfarrer Rainer Wilmer vortrug. Gleich bei dem ersten Text von rEugen Drewermann wurde die Fragwürdigkeit solch einer Lesung in einem Chor - und Orgelkonzert deutlich. Ein fast 30-minütiger exegetischer Text zu »Jesus und Nikodemus«, der eher in eine philosophische Diskussion gehört, sprengte hier wahrlich den Rahmen. Da sagte Peppings Musik mehr als tausend Worte. Schade um den guten Willen, aber solche Text- Musik-Abende sollten doch die Prioritäten etwas anders setzen.
Dennoch zollte das Publikum dem Chor und seinem engagierten Leiter viel verdienten Beifall und wurde mit dem sehr subtil vorgetragenen »Alta trinita beata« in den g Abend entlassen.
Heike Susanne Festerling M.A.

Artikel vom 08.11.2005