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Jugendtraum
erfüllte sich

Ein Stück Legende bei Hellmann

Von Kerstin Sewöster
Spenge (SN). Sie sind sichtlich ramponiert, das Leder ist abgewetzt, die Schnürsenkel sind ein bisschen schmutzig - doch für Klaus Rahe sind diese mehr als 30 Jahre alten Schuhe unbezahlbar. Sie gehörten seinem großen Idol, dem Jahrhundert-Fußballspieler Edson Arantes do Nascimento, der sich als Pelé in die Herzen stürmte. Noch bis Sonntag sind die Schuhe, mit denen 1970 bei der Weltmeisterschaft in Mexiko Fußballgeschichte geschrieben wurde, in Spenge zu sehen.
Vor 35 Jahren überreichte Günter Netzer dem zehnjährigen Klaus (l.) stellvertretend für Pelé die Schuhe, die bei der WM 1970 im Einsatz waren.

Anlässlich des verkaufsoffenen Sonntags in Spenge präsentiert Geschäftsinhaberin Sabine Hellmann (Uhren, Optik, Schmuck) die schwarz-weißen Fußball-Treter - gut geschützt hinter Glas. Für Klaus Rahe sind sie zwar unbezahlbar. Doch so mancher Liebhaber würde sicherlich einige 100 000 Euro für die Fußbekleidung der Legende Pelé bieten. Seit vor drei Jahren das Trikot, das Pelé bei der WM vor 35 Jahren trug, für 252 000 Euro bei Christie's versteigert wurde, wanderten die Schuhe von der heimischen Vitrine in den Safe der Stadtsparkasse Versmold.






Zu wertvoll sind sie für Klaus Rahe, denn sie schrieben nicht nur Fußballgeschichte, sondern erzählen auch einen Kindheitstraum, der sich letztlich mit 35-jähriger Verspätung erfüllte.
Als »blonder Pelé« stürmte Klaus Rahe über Versmolder Fußballfelder. Der Spitzname ist ihm bis heute geblieben, auch wenn er mittlerweile in der Altliga des SPvg Versmold spielt und den Nachwuchs trainiert.. »Ich galt als Talent«, meint der heute 45-Jährige, der zwischenzeitlich in der Landesliga mitmischte, mit typisch ostwestfälischer Bescheidenheit. Seine Betreuer vom SPvg wussten um seine große Leidenschaft für Pelé und bewarben sich 1970 ohne sein Wissen um die legendären Fußballschuhe, die nach der WM von der Bild-Zeitung verlost wurden.
Der Zehnjährige staunte nicht schlecht, als er aus dem Ferienkinderheim auf Norderney abgeholt wurde, um an der Mexiko-Party der deutschen Nationalmannschaft in Hamburg teilzunehmen. Dort überrreichte ihm Günter Netzer die Schuhe, weil Pelé verhindert war. »Ich konnte das Ganze gar nicht ermessen«, erinnert sich Klaus Rahe heute.
Doch auch als 45-Jähriger sollte er das Staunen nicht verlernen. Als die Stadtsparkasse gemeinsam mit dem Partner MasterCard anlässlich des Confederation-Cup-Finales Ende Juni dieses Jahres in Frankfurt ein Treffen mit Pelé organisierte, konnte der zweifache Familienvater das einfach nicht glauben. Wieder schienen sich die Dinge zu überschlagen.
»Ich war wahnsinnig aufgeregt«, gesteht er. Die Veranstalter hätten ihn gewarnt, Pelé sei nicht gut drauf. Doch letztlich hat der Brasilianer seinen wohl größten Fan nicht enttäuscht. Wie ein Film dokumentiert, betrat er die Bühne und umarmte Klaus Rahe mit großer Herzlichkeit, als er ihm mit 35-jähriger Verspätung persönlich die Schuhe überreichte. Es seien seine Glücksschuhe habe Pelé ihm gesagt, erinnert sich Rahe lächelnd. Da haben die beiden Spielmacher aus Versmold und Brasilien außer der Nummer 10 auf dem Trikot noch eine Gemeinsamkeit: Ein Paar abgetragene Fußballschuhe, das ihr Leben veränderte.

Artikel vom 05.11.2005