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Helfer riegeln Stallgebäude ab

Erste Geflügelpest-Großübung auf dem Hof Kokemoor-Harder in Varl

Von Michael Nichau
Rahden (WB). Arbeit gab es am Samstag für die Freiwillige Feuerwehr Rahden. Mit einer groß angelegten Übung wurde der Ausbruch der Vogelgrippe (Geflügelpest) auf dem Hof Harder-Kokemoor in Varl durchgespielt. Daran beteiligt waren die Löschgruppe Rahden mit dem Einsatzleitwagen (ELW 1) und die Löschgruppe Varl. Die Varler hatten in Zusammenarbeit mit der Polizei die weiträumigen Straßensperrungen rund um das Übungsgebiet vorzunehmen. Geübt wurde an zwei Stellen: Im Kreishaus in Minden und direkt an dem heimischen Hähnchenmastbetrieb in Varl, der etwa 40 000 Tiere zählt.

Vor Ort am Stallgebäude der Familie Kokemoor-Harder spielten der ABC-Zug der Feuerwehr Porta Westfalica und das Technische Hilfswerk Lübbecke den Ernstfall durch. Das THW war für die Dekontamination (gründliche Reinigung) von Fahrzeugen zuständig. Die Wehrleute des ABC-Zuges trainierten die Reinigung der beteiligten Einsatzkräfte, die in Schutzanzügen arbeiteten. Dazu wurde ein spezielles Duschzelt aufgebaut, das auch beheizt werden kann.
Bereits um 7.30 Uhr war für die heimische Feuerwehr und die Polizei Alarm ausgelöst worden. Die Umgebung um das Übungsobjekt musste abgesperrt werden. Die Oppenweher Straße wurde voll gesperrt.
Im erfundenen Übungsgeschehen hatten die Veterinäre in Varl festgestellt, dass von den 38 500 Masthähnchen des heimischen Betriebes in den vergangenen Tagen bereits 6 000 verendet waren. Die noch lebenden Tiere hätten sich apathisch gezeigt und an Atemnot und Durchfall gelitten. Mit dieser Rückmeldung an die Einsatzleitzung im Kreishaus nahm das Übungsgeschehen seinen Lauf.
Während in Minden Krisenstab und Einsatzleitung nach Möglichkeiten suchten, den Ausbruch der Geflügelpest einzudämmen, bauten die Männer des Technischen Hilfswerkes aus Lübbecke eine Sprühanlage zur Reinigung und Desinfektion von Fahrzeugen auf. Diese war vor etwa vier Jahren im Zusammenhang mit der damals auftretenden Maul- und Klauenseuche gebaut worden und ist beim Kreis eingelagert.
Die Spezialisten für atomare, biologische und chemische Gefahren von der Feuerwehr Porta-Westfalica errichteten in nur etwa einer Stunde die entsprechenden Anlagen, um Personen von den möglicherweise anhaftenden Vogelgrippe-Viren zu reinigen. Ein großer Zeitfaktor waren dabei die selbst aufblasenden Zelte.
Vorbereitet werden musste die - angenommene - Tötung der gesamten Tiere im Varler Geflügelbetrieb. Dies ist - nicht nur im angenommenen Übungsgeschehen - die Aufgabe der zwei am Ausbruchsherd der Tierseuche arbeitenden Veterinäre. Außerdem musste der Betrieb vollständig von der Außenwelt abgeriegelt werden.
Landrat Wilhelm Krömer beschrieb die Zielsetzung: »Es geht darum, den Seuchenherd so schnell wie möglich auszulöschen und die Verbreitung des Erregers zu verhindern. Ziel ist aber auch, die Tötung der Tiere auf ein Mindestmaß zu beschränken. Wir müssen letztlich auch wirtschaftliche Schäden für die Landwirtschaft abwenden«.
Angefordert wurden die Mitarbeiter der Firma »Air Liquide« aus Düsseldorf, die mit Hilfe von pulverisiertem Trockeneis (Kohlendioxid) die Tiere töten sollten. Dazu würden fünf bis acht Tonnen Kohlendioxid benötigt, die mit einem Tankwagen angeliefert werden. Die Anreise der Spezialisten, die gegen 11.30 Uhr am Übungshof eintrafen, wurde auch tatsächlich durchgespielt. Ein Firmenmitarbeiter erklärte den Vorgang: »Durch das CO2 wird eine betäubende Konzentration des Gases geschaffen, die die Tiere stressfrei nach den Vorschriften des Tierschutzgesetzes tötet«.
Mit alarmiert wurde auch das Spezialfahrzeug zur Beseitigung der toten Tiere. Dr. Egbert Veltmann: »Die zuständige Tierkörperbeseitigung wird durch die Firma SNP (Schlacht-Nebenprodukte) aus Osnabrück-Belm übernommen.« Das Fahrzeug musste vor Ort durch die vom THW gebaute Sprühanlage fahren. Im Ernstfall würden so anhaftende Krankheitserreger abgespült beziehungsweise abgetötet.
Mit der Abfahrt des Spezialfahrzeuges war das Übungsgeschehen in Rahden beendet. Im tatsächlichen Ernstfall wäre dann aber die Arbeit von Einsatzleitung und Krisenstab längst nicht aufgehoben. »Es könnten auch in dem betroffenen Bereich keine Veranstaltungen, wie etwa Schützenfeste oder Sportveranstaltungen stattfinden. Eventuell müssten dann auch Schüler, deren Eltern Geflügelhalter sind, vom Schulbetrieb freigestellt werden«, betonte Günter Pudenz, Leiter des Krisenstabes.

Artikel vom 07.11.2005