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Aufstand und Protest in der Spielstraße

Bürgermeister-Pläne zerstören eine idyllische Siedlung - Widerstand gegen Umgehung wächst

Von Karl Pickhardt (Text und Fotos)
Bad Lippspringe (WV). »Sie machen unsere Spielstraße zur Stadtautobahn«. Mit solchen und ähnlichen Sprüchen auf Transparenten gehen jetzt Anwohner der Maximilian-Kolbe-Straße mit ihren Kindern auf die Straße. Ihr Protest richtet sich gegen den Bau der umstrittenen Umgehungsstraße in Bad Lippspringe. Bitter für die Wohnstraße: Bürgermeister Willi Schmidt will die Sackgasse zum wichtigen Zubringer zur neuen Tangente ausbauen.

Für die Familien in der Maximilian-Kolbe-Straße bricht eine kleine Welt zusammen. Sie haben vor etlichen Jahren die teuren Grundstücke gekauft und ihre Terrassen zur südlichen Sonnenseite angelegt: »Jetzt rollen bald zehn Meter vor meiner Terrasse täglich mehrere tausend Autos«, schimpft Christian Starre (51). Nachbarn wie Kurt Marmann (66) oder Siegfried Jost (53) stimmen ihm zu: Sie alle haben sich mit 90 Prozent der Kosten am Ausbau der schmucken Wohn- und Spielstraße beteiligt. Jetzt sollen sie eine Verbindungsstraße zur verhassten Umgehung schlucken. »Da hätte ich auch ein billigeres Grundstück erwerben können«, schüttelt Kurt Marmann den Kopf.
Kampflos nehmen sie die Pläne des Bürgermeisters nicht hin. Am Wochenende verteilten Anwohner vor den Gottesdiensten Protest-Flugblätter. An der künftigen Hauptverkehrsstraße liegen immerhin Kirche, Martins-Kindergarten und Spielplatz. »Ausgerechnet hier wollen Politiker unsere Spielstraße vernichten«, tobt eine Mutter.
Der zornige Protest und Widerstand aus der Maximilian-Kolbe-Straße richtet sich generell gegen den geplanten Bau der Umgehung, die in dieser Siedlung nahezu alle Bewohner für unsinnig, zu teuer und überflüssig halten. Befragungen hätten ergeben, dass 95 Prozent der Autofahrer Innenstadt-Ziele wie Arzt, Einkaufen, Arbeitsplatz oder Schule ansteuerten. »Da bringt doch die Umgehung keine Autos aus der Stadt«, versteht Angelika Hayn (38) die Planer nicht und beschriftet mit ihren Töchtern Lena (13) und Mareike (11) Protestplakate. Auch Pfarrer Georg Kersting sei gegen diese Straße und wolle keine Rennbahn vor seiner Filialkirche in der Siedlung.
Vor der heutigen Bauausschusssitzung (18 Uhr Rathaus) und bis zur Ratssitzung (14. November) wollen die Familien ihre Proteste verstärken. Sie sind sauer, dass sich noch kein Politiker in ihrer Straße hat blicken lassen.

Artikel vom 07.11.2005