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Ingrid Steeger (links ) und Elisabeth Volkmann sagen »Tschüss« - und bedanken sich für den Applaus des Publikums.

Kultiger Klamauk mit
der Klimbim-Familie

Blödeleien am laufenden Band im Stadttheater

Von Curd Paetzke (Text und Fotos)
Herford (HK). »...dann mach' ich mir 'nen Schlitz ins Kleid und find es wunderbar!« Ach, was waren das noch für Zeiten, als Ingrid Steeger über die Fernsehbühne tippelte, mit den Augen klimperte und als leicht bekleidetes Nummerngirl den nächsten Sketch ankündigte. Lang, lang ist's her. Von 1973 bis 1979 flimmerte »Klimbim« über die bundesdeutschen Bildschirme. Das war schon damals Kult - und ist es heute auch noch, wie die Aufführung am Samstagabend im ausverkauften Stadttheater bewies.

Der eigentliche Gag dabei: Die »Klimbims«, jene gänzlich verrückte und total abgedrehte TV-Familie, waren in der Originalbesetzung angereist - mit Ingrid Steeger als Horror-Tochter Gaby, Elisabeth Volkmann als Jolanthe von Scheußlich, Wichart von Roëll als (hochdekorierter Kriegsveteran) Opa Klimbim und Horst Jüssen als Adolar von Scheußlich. Peer Augustinski, der früher ebenfalls mit von der Partie war, grüßte das Publikum indes nur per Videobotschaft. Seinen Part füllte Martin Zuhr (Bundeskanzler Schröder in der Polit-Comedy »Wie war ich, Doris?«) aus, der das kuriose Ensemble sehr wandlungsfähig als Zuhälter, Vermieter, Steuerfahnder, Quizmaster, Kurschatten, Einbrecher und Bestattungsunternehmer bereicherte.
Wer noch jung an Jahren ist und wem »Klimbim« daher nichts sagt, dem sei erklärt: Die TV-Serie von Michael Pfleghar enthielt vorwiegend schieren Klamauk, der oftmals wie Stummfilmszenen inszeniert war. Auch die »Klimbim«-Familie war gespickt mit gewissen Pikanterien (für die Ingrid Steeger und die stets mit einem hauchdünnen Etwas bekleidete Elisabeth Volkmann sorgten), was zur Zeit des ausschließlich öffentlich-rechtlichen Fernsehens ganz schön mutig gewesen war. Zwischen den einzelnen Sketchen wurden eben Szenen aus dem Leben der Klimbim-Familie gezeigt. Running-Gag war dabei der Großvater, der sich nicht nur ständig über die viel zu hart gekochten Frühstückseier seiner Tochter Jolanthe beschwerte, sondern auch immer wieder mit neuen Geschichten über seine Heldentaten in allen möglichen Kriegen (»Damals in den Ardennen...«) verblüffte. Markenzeichen war das Eingangslied: »Klimbim ist unser Leben«, das mit den Worten endete »...und ist es mal nicht wahr, dann mach' ich mir 'nen Schlitz ins Kleid und find es wunderbar.«
Nun war die Frage aller Fragen: Wirkt »Klimbim« heute, 30 Jahre nach der Ausstrahlung im Fernsehen, überhaupt noch?
Die Antwort lautet »Ja« - wenngleich diejenigen, die »Klimbim« nicht im Fernsehen verfolgt haben, mit dieser Art von Humor wohl nur wenig anfangen können. Aber wer die haarsträubenden »Klimbim«-Blödeleien in den 70-er Jahren gesehen und sich köstlich amüsiert hat, der meinte, die Zeit sei stehen geblieben, als sich der Vorhang hob und die irrwitzigen Wortgefechte, abgegeben im Schnellfeuer-Format, von Neuem ansetzten.
Um den »Klimbims« ein zweites Leben einzuhauchen hatte Regisseur Horst Jüssen zu einem Trick gegriffen. Da die Familie 1979 beerdigt worden war, standen zu Beginn der Komödie vier Särge auf der Bühne, denen die abgebrannten und arbeitsscheuen Chaoten nach und nach entstiegen, um sich - bissig wie eh und je - umgehend anzugiften. So war Jolanthe laut Opa immer noch die »ausgediente Feldhaubitze« und die aufmüpfige Gaby mit der piepsigen Stimme bekam von der Mutter wie einst eine gescheuert, wenn es die Situation erforderte.
Nun kämpfen die »Klimbims« also weiter gegen alle Ärgernisse des Alltags, gegen Behördenwillkür und natürlich gegen sich selbst.
Und das ist gut so, denn seien wir doch mal ehrlich: Sind wir nicht alle im Grunde unseres Herzens (wenigstens ein bisschen) Klimbim?

Artikel vom 07.11.2005