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»Verschollen
war ich nie«

»Sir Vival« Nehberg in Lübbecke

Lübbecke (cm). »Sir Vival« zu Gast in der Stadthalle: Am Mittwoch machte der Abenteurer, Überlebensspezialist und »Aktivist für Menschenrechte« Rüdiger Nehberg Station in Lübbecke. Über anderthalb Stunden lang erzählte er aus seinem Leben und zeigte Dias von seinen zahlreichen Reisen.

Auf einer USA-Reise im Jahr 1968 begegnet ihm zum ersten Mal das Thema »Survival« (die Kunst zu überleben), und Nehberg ist davon fasziniert. Er bringt das Thema nach Deutschland, und vor allem die praktizierte Ekelüberwindung sorgt für Furore - auch heute noch. »Hingucken, ihr habt ja Eintritt bezahlt«, ruft Nehberg scherzhaft seinem Publikum zu, dem beim Anblick von Maden, Käfern und gegrillten Nagetieren schon mal ein entsetztes »Iiih« entfährt.
1980 dann die entscheidende Wende in Nehbergs Leben: Er lernt die Yanomami-Indianer kennen, die im brasilianischen Regenwald leben, und beginnt, sich erfolgreich für den Schutz ihres Lebensraumes zu engagieren. »Jetzt kam ein »Sinn« dazu, den meine Reisen vorher nicht hatten«, so Nehberg. Durch mehrere spektakuläre Atlantiküberquerungen macht er die Welt auf die Situation der Yanomami aufmerksam.
Alle Aktionen sind gut vorbereitet: Für die Atlantiküberquerungen trainiert Nehberg mit den Kampfschwimmern der Bundeswehr (Motto: »Lerne leiden, ohne zu klagen.«), und um sich für seinen »Urwaldmarsch« im Jahr 2003 vorzubereiten, lebt er eine Zeit lang unter den Indianern im Amazonas-Regenwald.
»Verschollen - ich kannĂ•s nicht mehr hören. Verschollen war ich nie. Ich wusste immer, wo ich war.« So mancher lockere Spruch kommt ihm über die Lippen, und während Nehberg erzählt, steht er keinen Moment still, sondern redet mit Händen und Füßen. Beste Unterhaltung fürs Publikum, spannend und amüsant ist dieser Querschnitt durch sein aufregendes Leben bis hierher. Dann macht er einen Schnitt und erzählt von seinem neuesten Projekt: von der Gründung seiner Menschenrechtsorganisation »target« (Ziel) und seinem Kampf gegen die weibliche Genitalverstümmelung.
Die schlimmsten Bilder, so Nehberg, zeigten die Dias nicht. Aber Nehbergs Erläuterungen und die Bilder, die zu sehen sind, sind eindringlich genug. Doch der Einsatz scheint Früchte zu tragen, wenn die Menschen davon überzeugt werden können, dass die Beschneidung nicht mit ihrer Religion zu vereinbaren ist. Einen Anfang machte die »Karawane der Hoffnung«, mit der Nehberg zu Beginn dieses Jahres durch Mauretanien zog. Vor sechs Monaten ist er 70 Jahre alt geworden, aber ein Ende seines Engagements ist glücklicherweise nicht zu befürchten. Er hat schon die Fortsetzung seiner eben erst erschienenen Biographie für das Jahr 2015 angekündigt.

Artikel vom 04.11.2005