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Flöten durchdringen
Abtei-Treppenhaus

Hünteler spielt sich durch 400-jährige Historie

Von Johannes Zoller
Marienfeld (WB). Historische Querflöten aus Holz in zylindrischer wie konischer Bauweise, ganz so wie sie seit 1847 von Theobald Böhm entwickelt wurden, und die heute gängige Querflöte aus Silber oder Gold - all das erklang jetzt im Treppenhaus der Abtei Marienfeld.

Der Hochschulprofessor aus Münster, Konrad Hünteler, spielte in dem vom Klosterladen Marienfeld veranstalteten Solokonzert Flötenmusik aus vier Jahrhunderten. Das Treppenhaus wie der mit gut 70 Besuchern gefüllte Konzertraum der Abtei waren mit Kerzen ausgeleuchtet, was dem musikalischen Ereignis unter dem Motto »Wie stark ist nicht dein Zauberton« einen angemessenen Rahmen verlieh.
Der Soloflötist Hünteler, der auch als solcher im »Orchester des 18. Jahrhunderts« aus Amsterdam unter der Leitung von Franz Brüggen mitwirkt, stellte zunächst jene noch zylindrische Holzflöte vor, die bis spät in das 17. Jahrhundert für Volksliedgut und mehrstimmige Weisen verwendet wurde. Mit der 1680 in Frankreich umfunktionierten, nach hinten sich verengenden oder konischen Flöte erklang im Anschluss das Stück »Echo« des ersten Flöten-Solo-Komponisten jener Zeit, Jacques Ottetaire.
Nachdem dieses Instrument in ganz Europa schnelle Verbreitung gefunden hatte, entstand 35 Jahre später das um einen Halbton höhere Modell, das zugleich einen Halbton tiefer als die heutigen Querflöten ausfällt. Mit den noch geringeren Terzen als in der heutigen Klavierstimmungslage spielte der Virtuose die zwei Fantasien in G-Dur wie G-Moll aus den zwölf Fantasien für Flöte von Georg Philipp Telemann. Die schnellen Läufe beherrschte Hünteler durch seine exakten Doppelzungenstakkati wie melodische Bögen und traf auch die Töne zu den Oktavsprüngen wie Wiederholungen in Pianissimo durch die fein abgestimmte Mundarbeit.
Es folgte das Allegro aus der Solosonate in A-Moll von Carl Philipp Emanuel Bach, entsprechend dem Goethe-Wort »Zum Himmel hoch jauchzend, zu Tode betrübt«. Nach der Pause erklang wie in einem großen, musikalischen Bogen durchgetragen die Allemande aus Johann Sebastian Bachs A-Moll Solosonate. »Die groß atmende Konstruktion macht dieses Stück zur größten Allemande, die jemals geschrieben wurde«, so der Interpret.
Auf der vom Flötisten, Komponisten wie Erfinder Theobald Böhm im Jahre 1847 kreierte Gold- oder Silberflöte ertönten schließlich in außerordentlicher Virtuosität ein sehr charmantes Stück von Friedrich Kuhlau, eine Etüde im Tempo di Valse von Theobald Böhm, »Syrinx« in b-Moll, changierend mit des-Dur von Claude Debussy und die sehr interessante, hochmoderne Komposition für Flöte als Soloinstrument »Salomo der weise Mann« des Koreaners Isan Yun.
Hünteler brillierte - auch im tief berührenden Abschluss zur impressionistischen Klangmalerei. Die Zugabe führte ihn nach 400 Jahren Flötengeschichte bis in die zeitlose Gegenwart.

Artikel vom 03.11.2005