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Schule im Schatten
des Zuckerhuts

Ehepaar Kurhofer ist aus Brasilien zurück

Versmold (igs). Brasilien -Êdas ist mehr als nur Copa Cabana und Zuckerhut. Die große Spanne zwischen Arm und Reich, Schulen, die von Wachleuten geschützt werden: Auch das haben die Versmolder Schulleiter Silvia Szacknys-Kurhofer und Dirk Kurhofer bei ihrem Brasilienaufenthalt erlebt.
In den Herbstferien hatten die beiden Pädagogen, die die Grundschulen in Oesterweg und Peckeloh leiten, den Flug nach Südamerika angetreten (der VERSMOLDER ANZEIGER berichtete am 27. September). Ihr Ziel waren dabei nicht vorrangig die weißen Traumstrände im Schatten des Zuckerhuts, sondern die deutschsprachigen Schulen in Sao Paulo und Rio de Janeiro. Dort gestalteten die Kurhofers für 20 Pädagogen aus Brasilien, Argentinien und Uruguay eine Fortbildung, bei der es um Lehrmethoden im Fach Mathematik ging. Diese so genannten Lernmodule hatten sie entwickelt, als sie für das Landesfortbildungsinstitut in Soest arbeiteten.
Für das Ehepaar bedeutete das nicht, schnell noch einen Sonderkursus in der Landessprache Portugiesisch zu belegen: An der Schule »Porto Seguro« wird zweisprachig in Deutsch und Portugiesisch unterrichtet. Bevor es jedoch in die Privatschule, die an vier Standorten in Sao Paulo 10 000 Schüler besuchen, ging, galt es zunächst noch ein Kleidungsproblem zu lösen: Die beiden Versmolder wurden nämlich mit einer Einladung des deutschen Generalkonsuls überrascht, am 3. Oktober mit zahlreichen anderen Gästen den »Tag der deutschen Einheit« zu feiern. »Ich musste mir samstagabends noch einen Anzug kaufen«, schmunzelt Dirk Kurhofer.
»Die Kinder
werden mit dem
Wagen zur
Schule gebracht«
»Wahnsinnig interessant« war für die Kurhofers die zweitägige Hospitanz in der Schule, die -Êda Schulgeld gezahlt wird -Êvon den wohlhabenderen Familien genutzt wird. Die Schere zwischen Arm und Reich erlebten die Kurhofers als riesengroß. Eine Kluft, die der Kriminalität Tür und Tor öffnet und sich auch auf den Schultag auswirkt.
»Die Kinder werden -Êauch wenn sie nur 200 Meter von der Schule entfernt wohnen - mit dem Wagen zur Schule gebracht. Die Eltern haben Angst vor einer Entführung.« Wachpersonal sichert die Schule, die mit Sporthallen und Schwimmbädern ausgestattet ist. Die Angst, Opfer eines Überfalls oder einer Entführung zu werden, sei bei einigen Wohlhabenden sogar so groß, dass sie seit Jahren keine Straße mehr betreten hätten. »Sie fliegen mit dem Hubschrauber«, berichtet Dirk Kurhofer. Ihnen sei jedoch nichts passiert.
Auch in Rio de Janeiro besuchten die beiden Lehrer eine Privatschule, an deren Gelände direkt ein Slum beginnt. »Sind dort Schießereien, muss der Sportplatz der Schule gesperrt werden.«
Die Kurhofers haben ihren Kollegen in Brasilien nicht nur viele neue Anregungen mitgebracht, sondern sind selbst mit einigen Ideen zurückgekehrt: Denn im dortigen Schulsystem werden Kinder bereits mit fünf Jahren in der »Pre-Klasse« unterrichtet, etwa im Stoff des ersten Schuljahrs. »Wir haben gesehen, was dort möglich ist. Das macht Mut, auch hier weiter darüber nachzudenken«, sagt Silvia Szacknys-Kurhofer.

Artikel vom 03.11.2005