29.10.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Rackern mit »Riese« Rosicky

Der Bokeler Uwe Hünemeier steht beim BVB vorm Bundesliga-Tor

Von Marco Purkhart
Bokel/Dortmund (WB). Es waren einmal drei Gütersloher Fußball-Talente, die in der B-Jugend einen gemeinsamen Traum hatten: Maximilian Heinrich, Lukas Krause und Uwe Hünemeier wollten Profikicker werden. In der bundesweit renommierten Juniorenabteilung von Borussia Dortmund rieben sie Anfang dieses Jahrtausends Seite an Seite die deutschen Nachwuchsligen auf. Doch vor die goldenen Tore der Bundesliga hat es nur einer geschafft.

Während Heinrich heute beim FC Gütersloh im LAZ Nord schwitzt und Krause mit dem SC Verl an der Poststraße übt, nimmt es der im Rietberger Ortsteil BokelÊ geborene Hünemeier im Training mit solchen Stars wie Tomas Rosicky, Ebi Smolarek, Christian Wörns, Lars Ricken oder Christoph Metzelder auf - und zwar täglich. Denn seit dieser Saison hat Chefcoach Bert van Marwijk den 19-Jährigen in den BVB-Bundesligakader berufen.
Hünemeier feierte in Rietberg gerade sein im Sommer bestandenes Abitur, da erfuhr er unverhofft, dass er gleich im ersten Seniorenjahr den Sprung zu den Profis geschafft hatte. »Das war ein Wahnsinnsgefühl«, konnte der Verteidiger sein Glück zunächst nicht fassen. Doch das Fortune hatte er sich auch erarbeitet: »Als der BVB in finanzielle Nöte geriet, dachte ich mir, das ist für kostengünstige Eigengewächse wie mich die Chance. Seit dem habe ich noch intensiver an mir gearbeitet.«
Der frühere Aufwand ist jedoch gering im Vergleich zum heutigen Pensum. Parallel zum Zivildienst in einem Dortmunder Krankenhaus rackert Hünemeier sechsmal pro Woche zusammen mit den Profis auf dem Rasen - nur der Mittwoch ist trainingsfrei. »Zunächst fiel es mir sehr schwer und ich war echt nervös. Das Tempo ist gewaltig und dann kommt einer wie Rosicky und spielt dich schwindelig. Was der am Ball kann, das ist Weltklasse. Aber mittlerweile habe ich mich an dieses Niveau ganz gut gewöhnt«, sagt Hünemeier, ohne dabei überheblich zu wirken.
Eine Spielqualität wie der tschechische Technik-»Riese« werde 1,88-Meter-Mann Hünemeier nie erreichen. »Dafür habe ich aber andere Vorzüge wie meine große Kopfballstärke und das Zweikampfverhalten.« Nicht umsonst gehörte der Abwehrstratege außer gegen den MSV Duisburg und den Hamburger SV in dieser Saison immer zum Bundesliga-Aufgebot des BVB und berauschte sich von der Bank aus am Fußball-Flair der großen deutschen Ball-Bühne.
Vor zwei Wochen, beim Dortmunder 3:3 auf dem Kaiserslauterer Betzenberg,Ê da wäre Uwe Hünemeier sogar beinahe zu seinem ersten Bundesliga-Einsatz gekommen: Vor 32000 Zuschauern stand er schon im Trikot spielbereit für den humpelnden Christian Wörns an der Außenlinie. Doch im letzten Moment vor der Einwechslung signalisierte der BVB-Kapitän, dass er doch noch weitermachen könne. »Da fehlte nicht viel und es hätte geklappt. Ich war aber nicht zu sehr enttäuscht. Solch ein aufregender Moment wird sicher wieder kommen.«
Solange muss er sich noch mit Einsätzen in der Viertliga-Reserve begnügen. Auch wenn Hünemeier behauptet, kein Großstadt-Mensch zu sein, und immer wieder glücklich ist, wenn er seinem Heimatverein DJK Bokel einen Besuch abstatten kann (»Ich liebe mehr das Ländliche«), so kann er auf die Totenstille auf den Plätzen der Oberliga gut verzichten. »Wir müssen wieder schnell in die Regionalliga. Spiele auf St. Pauli oder in Osnabrück sind halt eine ganz andere Welt. Daher strebt auch der Verein den Wiederaufstieg mit aller Macht an«, berichtet Hünemeier. Der Weg dahin führt jedoch nur über den SC Verl. Daher werde der BVB am Sonntag im Spitzenspiel gegen die Ermisch-Elf »so viele Profis wie möglich« aufbieten. Denn: »Schlagen wir Verl, kommt das einer kleinen Vorentscheidung gleich. Ich gehe allerdings von einem munteren Spiel aus. Man hört viel Gutes über den Gegner.«
Was Ex-Mitspieler Lukas Krause und seine Verler KameradenÊ jedoch besonders anspornen dürfte, ist eine interne Information, die HünemeierÊ preisgibt. »Unser Oberliga-CoachÊ Theo Schneider hat einen großen Trainertraum: Er wünscht sich, die Meisterschaft ohne eine einzige Niederlage zu holen.« Dieses ambitionierte Vorhaben könnte der SC Verl mit einem Auswärtssieg auf einen Schlag sabotieren.

Artikel vom 29.10.2005