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Ein »Schul-Buch« der besonderen Art

Rietberger Lehrer Dr. Heiner Koop erforscht die Schulgeschichte in Stemwede

Von Meike Oblau
Rietberg (WB). Erinnerungen an die Schulzeit? Wer denkt da nicht an Streiche, Klassenfahrten oder blaue Briefe? Manch einer wäre wohl verwundert, wie viele Schriftstücke aus der Schulzeit in diversen Archiven schlummern. Dr. Heiner Koop aus Rietberg hat geforscht. Herausgekommen ist ein Buch voller Anekdoten und voller Geschichte. Es trägt den passenden Namen »Das Stillsitzen in der Schule war mir immer eine Qual«.

Der Rietberger Lehrer unterrichtet Mathe und Biologie am Gymnasium Nepomucenum. In seinem neuen Werk gibt er nicht etwa eigene Erinnerungen preis, nein, der Oberstudienrat hat die Geschichte der Schulen in seiner Heimat Stemwede (Kreis Minden-Lübbecke) erforscht. Um Zeit zu haben, sich gewissenhaft durch die Archive zu »wühlen«, nahm er als Lehrer eine »Auszeit« und ließ sich für ein halbes Jahr beurlauben. Statt den Rietberger Gymnasiasten die hohe Mathematik beizubringen, forschte er im Staatsarchiv, im Kommunalarchiv und auch im Kreiskirchenarchiv - lag doch die Schulaufsicht früher beim Pfarrer. Die schulische Vergangenheit seiner Heimat hat es Koop schon lange angetan. Seine Staatsexamensarbeit thematisiert die Geschichte seiner Heimatschule in Drohne, in seiner Promotion behandelte er die Schulgeschichte im Altkreis Lübbecke von der Reformation bis zur Kaiserzeit. »Während der Promotion wurde mir aber klar, dass der örtliche Umkreis viel zu umfassend war. Der ehemalige Gemeindedirektor gab mir dann den Tipp, ich solle mich doch an der Schulgeschichte der einzelnen Kirchspiele versuchen. Und ich merkte: nur auf diese Weise kann man die Details exakt nachzeichnen«, berichtet Koop, der seit 1990 am Rietberger Gymnasium unterrichtet. Erste Abhandlungen über die Schulgeschichte von Levern und Dielingen (beides Orte, die zu Stemwede gehören) erschienen in den Stemweder Heimatblättern. Doch Koop wollte mehr - denn seine Quellen gaben mehr her. Keine langatmigen historischen Abhandlungen, nein, Geschichten mitten aus dem Leben fand er im Archiv. Etwa die, wie sich der Lehrer in Destel einst mit seiner Frau derart um den richtigen Standort des Schweinetrogs stritt, dass die Gattin die Mistgabel zu Hilfe nahm, um ihre Meinung durchzusetzen. »Über die Streitereien in der Lehrerwohnung lag im Archiv ein Beschwerdebrief des Hilfslehrers vor«, schildert Koop. Die schulische Vergangenheit seiner Heimatregion Stemwede hat er in einem zeitlichen Rahmen von ca. 1650, der Zeit der Schulgründungen auf dem Lande, bis zum Ende des 20. Jahrhunderts untersucht. Abgerundet werden die zum Teil kuriosen Begebenheiten, die im überlieferten Material festgehalten wurden, durch Karikaturen und Strichzeichnungen, die teilweise eigens für dieses Buch von Mario Talarico, einem ehemaligen Schüler Koops aus Rietberg, angefertigt wurden. Das Buch von Heiner Koop ist im Verlag Uhle&Kleimann erschienen und ist beispielsweise in den Rietberger Buchhandlungen »Lesezeichen« und »Rathausbuchhandlung« erhältlich. »Jeder erzählt von seiner Schulzeit, jeder berichtet von Lehrergestalten, Streichen und Prügeln. Doch die eindringlichsten Erlebnisse kennen die meisten lediglich aus Erzählungen von Groß- und Urgroßeltern. Darüber hinaus trägt eine Vielzahl von handschriftlichen Quellen, die von Lehrern, Pfarrern oder Regierungsbeamten verfasst wurden, dazu bei, das Andenken an die »alte« Schule zu erhalten. Blättert man in Akten, anderen überlieferten Dokumenten oder betrachtet man die aus der jüngeren Vergangenheit stammenden Fotografien, so wird diese Geschichte wieder lebendig«, hat Heiner Koop herausgefunden. Als Titelbild wählte Koop ein altes schwarz-weißes Einschulungsfoto aus, das zwei kleine Mädchen zeigt. Als das Buch veröffentlicht wurde, gab es eine nette Überraschung für Koop: »Es meldeten sich zwei Damen aus meiner Heimat - sie waren die Mädchen auf diesem Bild.« Nur logisch, dass die beiden Ehrengäste bei der Buchvorstellung in Stemwede waren.

Artikel vom 29.10.2005