29.10.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Geborgenheit
für Patienten

Arbeit des Anästhesisten vorgestellt

Halle (pes). Seine Handwerkszeuge heißen Pulsoxymeter, Laryngoskop, Beatmungsschlauch, Venenkanüle, EKG, er verdient sein Geld mit Schlaf. Ganz einfach ausgedrückt. Wie das Tätigkeitsfeld des Anästhesisten genau aussieht, erläuterte Dr. Bernd Strickmann bei seinem Vortrag für den Förderverein des Haller Krankenhauses.

Der Anästhesist ist keineswegs nur für die Narkose bei einer Operation zuständig, sondern ist ebenso in der Intensivmedizin, in der Notfallmedizin und in der Schmerztherapie tätig. Überwiegend aber natürlich da, wo es gilt, dem Patienten unnötige Schmerzen zu ersparen. Wo früher ein Stoff umwickelter Stock zwischen den Zähnen reichen musste, ein kräftiger Schluck aus der Schnapsflasche oder vielleicht gar die Holzhammer-Methode, stehen heute für die Narkose technisch hoch entwickelte Geräte und fein dosierte Medikamente zur Verfügung. Dr. Strickmann schilderte, wie der Patient in Schlaf versetzt wird, wie ihm die Schmerzmittel verabreicht, wie er beatmet und während der Operation überwacht wird.
Dabei ist die Disziplin Anästhesiologie, abgeleitet aus dem Griechischen (»die Nichtempfindung«), in Deutschland noch ein relativ junges Fach. Während in Großbritannien schon 1935 die ersten Facharztdiplome vergeben wurden, war es in Deutschland erst nach dem zweiten Weltkrieg so weit.
Dr. Strickmann räumte im Rahmen seines Vortrages auch mit dem Vorurteil auf, die Spinal-Anästhesie sei gleichbedeutend mit einer Spritze ins Rückenmark. Das, so der Haller Mediziner, würde unweigerlich eine Querschnittslähmung nach sich ziehen. Vielmehr würde eine Rückenmarks-nahe Spritze gesetzt, die lediglich Rückenmarkskanäle mit Nervenflüssigkeit erreicht und so eine regional begrenzte Narkose bewirkt. Der Patient könnte während der Operation mit dem Arzt sprechen oder Musik hören.
In der Intensiv- oder in der Notfallmedizin mache der Anästhesist eigentlich nicht viel anderes: er sorge für die Aufrechterhaltung oder die Wiederherstellung lebenswichtiger Funktionen. Und was es auf der Intensivstation an stationären Überwachungsgeräten gibt, steht dem Arzt im Notfalleinsatz auch mobil vor Ort zur Verfügung.
Die Apparate-Medizin sollte dem Patienten aber keine Angst einflößen. Vielmehr wollten die Anästhesisten dem Kranken nur Geborgenheit geben. Deshalb wird auch nicht immer gleich eine Spitze gegeben, sondern einfach auch nur mal die Hand gehalten.
Kommenden Donnerstag wird die Vortragsreihe fortgesetzt. Referent ab 19.30 Uhr in der Kapelle des Krankenhauses ist dann Dr. Michael Hanraths, der künftige Chefarzt der Inneren Abteilung, der sich mit Dickdarmerkrankungen beschäftigen wird.

Artikel vom 29.10.2005