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Filigrane Dekore auf kostbaren Gläsern

Wewelsburger Kreismuseum zeigt Leihgaben aus dem Polnischen Nationalmuseum Kielce

Von Manfred Stienecke (Text)
und Wolfram Brucks (Foto)
Kreis Paderborn (WV). Einen Eindruck von der hochwertigen Glasproduktion der vergangenen vier Jahrhunderte in Europa vermittelt eine Sonderausstellung, die an diesem Sonntag in der Wewelsburg eröffnet wird.

Vorsichtig mit weißen Schutzhandschuhen greift sich Doris Bohm, Mitarbeiterin des Kreismuseums, jedes der aus den metallenen Transportkisten ausgepackten zerbrechlichen Exponate und untersucht sie auf ihren jeweiligen Zustand. Schließlich will man die Leihgaben aus dem Polnischen Nationalmuseum in Kielce, einer polnischen Kulturstadt zwischen Warschau und Krakau, nach der bis zum 27. November befristeten Sonderschau wieder unversehrt auf die Heimreise schicken.
Etwa 180 eindrucksvolle Zeugnisse der europäischen Glasherstellung machen vier Wochen lang die Kunstfertigkeit deutlich, mit der seit der Barockzeit das mundgeblasene Material in Form gebracht, geschliffen und verziert worden ist. Die Pokale, Vasen, Trinkgefäße und Schalen aus der polnischen Museumssammlung stammen aus den wichtigsten europäischen Glaszentren der vergangenen vier Jahrhunderte. Zu den wertvollsten Stücken gehört ein Trinkglas mit filigranem Dekor des Nürnberger Malers Ignaz Preußler aus dem frühen 18. Jahrhundert. Beliebte Motive sind neben Porträts und Familienwappen aber auch Blüten- und Pflanzendekore sowie komplette Landschaften oder Genreszenen.
In den Schauvitrinen, die von Sonntag an im Burgsaal die zerbrechlichen Schätze ins rechte Licht rücken werden, sind die Gläser nach Alter, Herkunft und Gebrauchsart zusammengestellt. Ein besonderes Interesse der Besucher finden dabei sicherlich die reich verzierten Schmuckvasen in herrlichen Farbtönen, die brillant geschliffenen Schalen und die bemalten Pokale.
Die Kostbarkeiten stammen aus dem Polnischen Nationalmuseum in Kielce, das in einem ehemaligen Palast der Krakauer Bischöfe untergebracht ist. Dessen Direktor, Prof. Dr. Kristof Urbanski, lobte am Freitag die Ausstellungskonzeption seines Wewelsburger Kollegen Wulff Brebeck. »Ich habe mir das Kreismuseum angeschaut und finde es wundervoll«, meinte Urbanski im Gespräch mit dem »Westfälischen Volksblatt«. »Ich möchte das Konzept in Teilen übernehmen.« Überzeugt hat den Herrn über 100 000 Kunstobjekte in Schloss Kielce dabei vor allem die behutsame Art, mit der in Deutschland die Originale vor allzu neugierigen Zugriffen bewahrt werden. »Hier ist alles hinter Glas oder auf andere Weise vor Berührung geschützt«, bemerkte der polnische Museumsleiter. »Bei uns kann fast alles angefasst werden. Das ist nicht gut für die Kunstwerke.«
Zur Eröffnung der Ausstellung »Europäisches Glas des 17. bis 20. Jahrhunderts« hat Landrat Manfred Müller am Sonntag um 11.15 Uhr alle interessierten Kunstfreunde in den Burgsaal eingeladen. Dr. Anna Kwasnik-Gliwinska, die Leiterin der Kunstgewerbeabteilung des Polnischen Nationalmuseums, wird in die Schausammlung einführen. Insgesamt verfügt das Museum in Kielce über etwa 650 historische Gläser aus vielen europäischen Ländern.

Artikel vom 29.10.2005