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Schulden-Zinsen aus dem Stadtsäckel

Wichtiges Hindernis zur Rettung des Bürener Krankenhauses aus dem Weg geräumt

Von Heinz-Peter Manuel
Büren (WV). Der Rat der Stadt Büren hat einen möglicherweise entscheidenden Beschluss zur Erhaltung des Bürener St. Nikolaus-Hospitals getan: Im vertraulichen Teil der Sitzung am Donnerstagabend stimmten die Politiker mit großer Mehrheit dafür, den Schuldendienst des Krankenhauses in den kommenden fünf Jahren zu übernehmen. Damit wurde ein entscheidendes Hindernis in den Verhandlungen zwischen der katholischen Kirchengemeinde und dem möglichen Investor Marseille Kliniken AG (Hamburg) aus dem Weg geräumt.

Nun müssen, wie Bürgermeister Wolfgang Runge gestern in einem Pressegespräch mitteilte, die Verhandlungspartner einer Übernahme/Übergabe des angeschlagenen Hauses noch zustimmen. Eine endgültige Entscheidung soll noch in diesem Monat fallen.
Schon einmal hatten Marseille und Vertreter der Kirchengemeinde an einem Tisch gesessen. Die Verhandlungen waren jedoch ins Stocken geraten, weil es keine Einigung über die bisher aufgelaufenen Verbindlichkeiten des Krankenhauses gab. Die Marseille AG wollte sich damit nicht belasten.
Weil das Haus durch den in dieser Form (60 Betten in einer inneren Abteilung) unrentablen Betrieb immer tiefer in die roten Zahlen geriet, bestand dringender Handlungsbedarf. Der Kirchenvorstand habe ihm mitgeteilt, dass man vom 1. November an die Aufgabe des Hauses einleiten müssen, wenn es keinen Übernahmepartner gebe, so Runge. Neben der Marseille Kliniken AG war auch die Bad Wünnenberger Aatalklinik im Gespräch, die in einer lokalen Kooperation das Haus und einem angesiedelten Gesundheitszentrum weiter führen wollte.
Um objektiven Sachverstand bemüht, schaltete Runge den Experten im Gesundheitswesen Jörg Fischlein vom Unternehmensberater Unity AG ein. Nach Sichtung und Abwägung aller Informationen und Fakten schlug Fischlein den Politikern vor, sich für das Angebot der Marseille-Gruppe zu entscheiden. Zwar berge auch das das Risiko des Scheiterns, doch erschien es ihm wahrscheinlicher, dass ein Konzern mit 4500 Mitarbeitern und 7573 Betten bundesweit die Probleme am ehesten meistern könne. Obwohl Marseille bislang noch keine Akut-Klinik betreibt, votierten auch die Ratsmitglieder, nachdem sie zuvor grundsätzlich den Beschluss zum Erhalt gefasst hatten, für das Angebot der Hamburger.
Ein weiterer Beschluss sieht vor, dass die Stadt in den kommenden fünf Jahren Zinsen und Tilgungen der Krankenhausschulden übernimmt. Voraussetzung dafür aber ist der Betrieb des Krankenhauses. Sollte der neue Eigentümer den Klinikbetrieb einstellen, erfolgen keine weiteren Zahlungen durch die Stadt. Die Höhe des städtischen Engagements wollte Runge nicht nennen: »Das kann der Haushalt der Stadt verkraften«, sieht Runge darin eine Art Wirtschaftsförderung, wie sie auch bei Neuansiedlungen nicht ungewöhnlich sei.
Sollte die Einigung zustande kommen, möchte Marseille nach dem bisher bekannten Konzept wieder ein Krankenhaus mit einem kompletten Angebot betreiben. Wünschenswert dafür sei eine Wiederbelebung der Chirurgie, die von den damaligen Betreibern, bestehend aus dem St. Johannisstift Paderborn und dem Evangelischen Krankenhaus Lippstadt, zum Jahreswechsel aufgegeben worden war. Um das zu erreichen, muss allerdings ein förmliches Verfahren eingeleitet werden, das sowohl schwierig als auch langwierig ist. Im Düsseldorfer Ministerium habe man sich ohnehin gewundert, so Runge, dass dieser Teil des Versorgungsauftrages des St. Nikolaus-Hospitals ohne Not zurück gegeben worden sei. In der heutigen Form sehen die möglichen Investoren das Haus offenbar als nicht marktfähig an.
Zusätzlich zum allgemeinen Leistungsspektrum könnte es in St. Nikolaus künftig um die klinische Versorgung alter Patienten, zum Beispiel aus dem benachbarten Senioren-Wohnpark gehen. »Hier könnte durchaus so etwas wie ein bundesweites Pilotprojekt der Marseille AG entstehen«, so Jörg Fischlein. OHnehin sei es wichtig, zusätzliche Leistungen an St. Nikolaus zu binden. Schließlich sei das Haus einmal für 220 Betten ausgelegt gewesen. Der größte Teil ist also heute ohne Nutzung.

Artikel vom 29.10.2005