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Ilsebill emanzipiert sich

Doris Dörries moderne Märchen-Adaption


Irgendwie sind Frauen doch Ilsebills - sie bekommen nie genug. Und irgendwie reagieren doch auch die Männer wie der sich zufrieden gebende Ilsebill-Angetraute im Märchen »Vom Fischer und seiner Frau«. Erfolgsregisseurin Doris Dörrie (50) hat aus der Geschichte eine moderne Beziehungskomödie gemacht.
»Manntje Manntje, Timpe Te, Buttje Buttje in der See. Meine Frau, die Ilsebill, will nicht so, wie ich gern will«, hatte der Fischer bei den Brüdern Grimm noch gerufen. In Dörries »Der Fischer und seine Frau« wird der Buttje zum Koi, der Fischer zum Veterinär Otto und die gierige Ilsebill zur ehrgeizigen Modeschöpferin Ida. Während Otto (Christian Ulmen) mit Kind und Koi zufrieden ist, will die karriereorientierte Ida (Alexandra Maria Lara) immer Größeres und Besseres. Das Wohnmobil, in dem das junge Pärchen zunächst lebt, genügt Ida schon bald nicht mehr; erst muss es eine kleine Sozialwohnung sein, dann ein Reihenhaus und die Villa am See.
Edelfischexperte Otto dagegen, inzwischen als Papa daheim, jagt keinen Träumen nach und ist mit seinem Leben glücklich. Die Spannungen zwischen dem Paar eskalieren. »Ich fand es ungerecht, dass Ilsebill bestraft wird, und habe mich über diesen passiven Fischer geärgert«, erinnert sich die Regisseurin (»Männer«, »Bin ich schön?«) und erläutert ihr Anliegen: »Das war für mich die sinnvolle Umkehrung des Märchens: Weil der Fischer sich nicht vom Fleck rührt, wird sie immer unersättlicher; weil er sich immer mehr verweigert, passiv-aggressiv ist, wird sie immer schneller und »gieriger«. Und andersherum wird er immer noch langsamer, je schneller sie wird.«
Paare und ihre Konflikte stehen im Mittelpunkt der in Japan und Deutschland spielenden Geschichte, die Dörrie mit Humor und Leichtigkeit auf die Leinwand bringt. Mit teils witzigen und einfallsreichen Dialogen erzählt die Regisseurin und Drehbuchautorin von den Wünschen und Sehnsüchten sehr unterschiedlicher Menschen.Cineplex

Artikel vom 27.10.2005