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Verspätung kostete Vermögen

Geschichtsarbeit über Güth & Wolf gewinnt vierten Preis der Körber-Stiftung

Gütersloh (rec). Wer in der Bandweberei Güth & Wolf im 19. Jahrhundert zehn Minuten zu spät zur Arbeit kam, zahlte zehn Pfennig Strafe. 30 Minuten kosteten 25 Pfennig, 45 Minuten 50 Pfennig. Eine Stunde kostete eine Mark. Das war damals ein kleines Vermögen für einen Gütersloher Arbeiter.
Diese Details stehen in der Unternehmensgeschichte »Außer Rand und Band«, mit der Lukas Otto, Franz Potthoff, Julia Rennerich und Corinna Cyrol (alle 15 Jahre alt) von der Janusz-Korczak-Gesamtschule einen der vierten Preise der Hamburger Körber-Stiftung gewonnen haben. Die hatte einen Geschichtswettbewerb zum Thema »Sich regen bringt Segen? Arbeit in der Geschichte« ausgeschrieben. Mehr als 1400 Arbeiten wurden dazu eingereicht. Gut 6000 Schüler hatten vor Ort geforscht - unter ihnen die vier aus der neunten Klasse der Korczak-Schule.
Fünf Glücksfälle trugen zum Erfolg der Arbeit bei. Als die Schüler nach einem Thema suchten, lud das Gütersloher Stadtmuseum gerade zu einer Ausstellung über die Firma Güth & Wolf ein. Von Museumsleiter Dr. Rolf Westheider bekamen sie Grundinformationen, Tipps und Kontakte. Glücksfall Nummer zwei: Mit Siegfried Brose fanden sie einen Zeitzeugen, der 1945 seine Arbeit bei Güth & Wolf aufgenommen hatte. Er gab den Schülern nicht nur ein ausführliches Interview, sondern konnte ihnen auch zeigen, wie man an einem Webstuhl arbeitet.
Glücksfall Nummer drei: Stadtarchivar Stephan Grimm konnte verschiedene Dokumente und Zeitungsausschnitte zur Firmengeschichte beisteuern. »Es ist enorm, was wir im Archiv alles gefunden haben«, stellte Lukas Otto gestern fest. Glücksfall Nummer vier: Geschäftsführer Hermann Güth öffnete den Schülern die Werkstüren. Im letzten Kapitel ihrer Arbeit können die Schüler darum darstellen, was heute in der Gütersloher Firma alles passiert. Glücksfall Nummer fünf: Lehrer Peter Karsten sitzt in der Regionalkommission der Körber-Stiftung und wusste sehr genau, auf welch hohem Niveau andere Wettbewerbsbeiträge stehen. »Geschichte lernt man am besten außerhalb der Schule«, ist er überzeugt.

Artikel vom 22.10.2005