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Kreis gegen
Bund und Land

Landrat: »kriminelles« Vorgehen

Von Frank Spiegel
Kreis Höxter (WB). Der Kreis erwartet im kommenden Jahr ein Loch in der Kasse in Höhe von 12 Millionen Euro. Für den Kreisausschuss ist das Maß nun voll: Bund und Land sollen verklagt werden, denn: Diese haben dem Kreis Aufgaben übertragen ohne entsprechende Mittel bereitzustellen.

Eine interfraktionelle Arbeitsgruppe mit Vertretern der Verwaltung und des Personalrates soll nun auch Kürzungen in den Bereichen vornehmen, die normalerweise gesetzlich vorgeschrieben sind und dem Kreistag einen entsprechenden Haushaltsentwurf vorschlagen. Helfen soll hier die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung (KGSt) mit Sitz in Köln.
»Wir sind blank, jetzt müssen wir andere Wege gehen«, sagte Landrat Hubertus Backhaus im Kreisausschuss. Wenn man sich wie alle anderen auch dem Haushaltssicherungskonzept anschließe, sehe man am Ende »genau so alt aus wie alle anderen auch«. Es gehe hier nicht darum, den »starken Maxe« zu machen, man wolle natürlich gesetzeskonform bleiben. Dennoch wolle man im Haushalt jede Kostenstelle auf den Prüfstand stellen, um Einsparungen herauszufinden.
»Uns wurden Aufgaben in Höhe von 18 Millionen Euro übertragen, für die wir keine entsprechenden Mittel bekommen haben. Wenn wir die jetzt hätten, stünden wir gut da«, so der Landrat. Er stellte klar, dass Leistungsempfängern durch die geplante Vorgehensweise kein Nachteil entstehen soll: »Was können sie dazu, dass wir kein Geld mehr haben.«
Vor allem bei der Opposition wurde die Idee zunächst skeptisch betrachtet, befürchtete man hier doch Einschnitte im sozialen und ökologischen Bereich. Nach den Erläuterungen des Landrates näherten sich die Positionen jedoch immer mehr an. Es gab schließlich einen Konsens, 25 000 Euro für die Beratung durch die KGSt bereitzustellen. »Sie will dieses Verfahren bundesweit als Musterverfahren veröffentlichen«, so Landrat Hubertus Backhaus.
Er lässt zudem prüfen, ob die Mitglieder des Kreistages im Falle eines Scheiterns vor Gericht für anfallende Kosten mit ihrem persönlichen Vermögen haftbar gemacht werden könnten. Hans-Georg Harrer (Bündnis 90/Die Grünen) hatte diese Frage in den Raum gestellt.
Landrat Hubertus Backhaus appellierte, dass man Verantwortung übernehmen müsse für die kommenden Generationen. Und durch diesen neuen Weg geschehe genau das. »Wir haben uns das doch nicht eingebrockt«, so der Landrat: »Es wurden Gesetze verabschiedet, durch die wir Geld ausgeben mussten, das uns nicht zur Verfügung gestellt wurde. Das ist doch kriminell.«
Schon jetzt verzichte der Kreis Höxter im Sinne der Bürgerinnen und Bürger auf »nicht lebensnotwendigen Nonsens«. Dazu zählt Landrat Hubertus Backhaus die an sich zwingend notwendige »Einmessung von Gebäuden« nach dem Neubau. Backhaus: »Wir fordern nicht mehr dazu auf, das zu tun.« So werde den Bürgern doch nur das Geld aus der Tasche gezogen.
Dass auch die Kreisverwaltung bei ihrem Plan, diesen Weg des Widerstandes zu gehen, genau unter die Lupe genommen werden wird, ist Backhaus bewusst. Er sieht dem gelassen entgegen: »Unser Haus ist gut bestellt.«

Artikel vom 22.10.2005