21.10.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Cello singt, klagt und tanzt

Kammermusiker überzeugen mit ihrer Spielfreude

Steinhagen (WB). Das Kulturwerk startete am Mittwoch in die neue Saison mit einem sehr homogenen Konzertprogramm, das geprägt wurde vom Melodienreichtum der Stücke, der Spielfreude des jungen Kammerorchesters aus Leipzig und dem strahlenden Gesang des Cellos.

Star des Abends war Peter Bruns. Virtuose auf dem Cello und einfühlsamer Dirigent. Das Publikum in der Aula des Schulzentrums war begeistert und wurde am Schluss mit einer Zugabe belohnt.
Das Cello als Soloinstrument kommt in der Musikliteratur nicht sehr häufig vor und ist eine Art Stiefkind neben Violine und Klavier. Dass gleich zwei Cellokonzerte und noch dazu von demselben Komponisten angeboten wurden, hat sicher das Herz derjenigen höher schlagen lassen, die den warmen Klang dieses Instrumentes lieben.
Das Programm begann mit dem Cellokonzert in C-Dur von Joseph Haydn und zwar mit einem furiosen Auftakt des Streicher-Ensembles, in den je zwei Hörner und Oboen bunte Tupfen streuten. Auch ein Cembalo mischte mit bei den verschiedensten Zwiegesprächen der Instrumente, die teils lyrisch und innig, aber auch flehend bis eindringlich geführt wurden und gelegentlich in Streitgespräche eskalierten.
Der Solist entfaltete die ganze Bandbreite seines Könnens von hauchzarten Tönen und Bogenstrichen bis zu harten Schlägen. Noch gefühlvoller wurde es dann im Adagio. Der Spannungsbogen reichte von leichten tänzerischen Melodien bis zu wehmütigen Klagen, verträumten Passagen und kraftvollem Aufbegehren. Als flotter Aufgalopp bot sich der dritte Satz dar. Die Melodien und Instrumentengruppen wetteiferten miteinander, überholten sich gegenseitig und liefen durcheinander. Der Solist musste alle Register seines Könnens ziehen, während die Orchesterstimmen um ihn herum wirbelten.
Das zweite Werk war die Sinfonie g-moll op. 6 Nr. 6 von Johann Christian Bach, das wohl bedeutendste Werk des jüngsten Bach-Sohns. Es entstand 1770 und unterscheidet sich von seinen übrigen Werken schon durch die Moll-Tonart. Hier erwies sich Peter Bruns als einfühlsamer Dirigent, der mit wenigen Gesten und ohne Taktstock seine jungen Musiker bei der Stange hielt. Besonders schön im ersten Satz die beiden Oboen im Wechselgesang mit den Streichern und dem Cembalo. Im Andante dominieren die Streicher, deren Fragen immer eindringlicher werden und ein Echo bei den Mitspielern, aber keine Antworten hervorrufen. Besonders der Konzertmeister war hier gefordert, der sehr pointiert die Stimmungsmalerei vorantrieb. Das Finale ist wie bei Haydn wieder ein Allegro molto, allerdings noch stürmischer, so dass das Publikum schon begeistert in die Pause ging.
Dann das Sahnehäubchen: Haydns Cellokonzert in D-Dur gilt als eines der schönsten überhaupt und bietet dem Solisten hervorragende Möglichkeiten. Der erste Satz quillt über von wunderschönen Melodien, die variiert und zwischen Solist und Orchester hin- und hergereicht werden. Der Solist versteigt sich bis in die höchsten Töne, die - flageolett gehaucht - fast überirdisch klingen. Das Adagio klingt wie ein höfischer Schreittanz, man sieht förmlich, wie sich Damen und Herren in Perücken und festlichen Roben dazu gemessenen Schrittes bewegen. Lebhafter wieder das Rondo, das mit tanzenden Tönen und flotten Bogenstrichen zu einen grandiosen Abschluss führt. Noch einmal konnte Peter Bruns die musikalische Ausdrucksfähigkeit seines Instrumentes und sein technisches Können unter Beweis stellen. Sieglinde Junker

Artikel vom 21.10.2005