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Höfe rüsten
sich gegen die
Vogel-Grippe

»Aufstallungsgebot« für Federvieh

Von Julika Schmidt
(Text und Fotos)
Bünde (BZ). Aufregung bei den Landwirten: Der Eil-Erlass »Geflügel in den Stall« von Bundesverbraucherminister Jürgen Trittin ruft erste Reaktionen hervor. Da das Freilaufverbot für Hühner, Enten, Gänse und Co. schon morgen in Kraft treten soll, werden auf den Höfen Schutzmaßnahmen getroffen.

Nach Informationen des Veterinäramtes des Kreises Herford sind die Risiken, die von an Vogelgrippe erkrankten Zugvögel ausgehen, als dramatisch einzustufen. Zwar habe sich der Verdacht des gefährlichen Geflügelvirus in Rumänien noch nicht bestätigt, doch nimmt man die drohende Gefahr ernst. So ist es gemäß der geändertenÊGeflügelpestschutzverordnung für Landwirte verpflichtend, ein Mal im Monat eine klinische tierärztliche Untersuchung des Geflügelbestandes vorzunehmen. Zudem müssen die Tiere im Zeitraum vom 22. Oktober bis zum 15. Dezember mindestens ein Mal auf das Influenza-A-Virus der Subtypen H5 und H7 untersucht werden. Das »Aufstallungsgebot« für Hühner, Truthühner, Perlhühner, Rebhühner, Fasane, Laufvögel, Wachteln, Enten und Gänse beinhaltet, dass alle Tiere bis morgen vom Freien in den Stall umziehen müssen.
Diesem Schicksal müssen sich auch die etwa 3600 Hühner von Hökes Eierhof am Oberahler Weg fügen. Seit die Vogelgrippe ein Thema ist, muss Jörg Höke immer wieder verängstigte Kunden beruhigen. »Wir tun hier alles erdenklich Mögliche, damit die Hühner von der Krankheit verschont bleiben«, erklärt der Landwirt. Seit gestern laufen die Schutzmaßnahmen auf Hochtouren: Die Hühner sind bereits in den Ställen untergebracht, es folgt die Installation von Desinfektionsbecken - jeder, der in den Stall will, muss mit seinen Schuhen durch das keimabtötende Bad. »Alle Mitarbeiter tragen Schutzkleidung und haben für jeden Stall verschiedene Schuhe«, berichtet Höke. Zudem führt der Landwirt ein Bestandsregister, das Auskunft gibt über die Anzahl der gelegten Eier oder ob und wie viele Tiere gestorben sind. »Anhand der Leistung der Hühner, der Sterberate und den Bluttests lässt sich früh genug erkennen, ob Tiere krank sind«, erläutert Jörg Höke.
Die dauerhafte Stallhaltung bedeutet Stress für Hökes Hühner, die bislang jeweils 15 Quadratmeter Fläche unter freiem Himmel für sich beanspruchen konnten. Aufgrund der schnellen Entwöhnung entstehen Herdenunruhen, die Tiere bepicken sich und haben dann im schlimmsten Fall kein Federkleid mehr. Um die Unruhe der Hühner zu stillen, bekommen sie Futter in höchster Qualität. Zudem bringt Höke weitere Sitzstangen in den Ställen an, um die Bewegungsfreiheit der Hühner zu erhöhen. »Bei der Geflügelpest mussten die Hühner ein Vierteljahr im Stall verbringen«, erinnert sich der Landwirt. Zwar hofft er, dass es dieses Mal nicht so weit kommt, doch hat er schon Pläne für den Ernstfall parat: »Dann bringen wir auch ein Desifektionsbecken vor der Hofeinfahrt an und spritzen Autoreifen mit dem Hochdruckreiniger ab«.
Doch es gibt auch andere Beispiele. Horst Wibbeler vom Bauernhof an der Spradower Schweiz sieht der Geflügel-Krankheit gelassener entgegen. Zwar treibt er seine etwa 100 Gänse von der Wiese in den Stall, doch glaubt er, dass Vorsichtsmaßnahmen nicht viel helfen. »Das Virus breitet sich über so viele Wege aus, da hilft auch desinfizieren nichts«, ist er überzeugt. Allerdings habe er auch nicht so viel zu befürchten, denn während an Vogelgrippe erkrankte Hühner meistens sterben, kommen Gänse mit einer kurzen Krankheitsphase davon. »An Bünde ziehen die Wildvögel nur vorüber, sie machen ja nicht Halt«, erklärt Wibbeler, weshalb er sich nicht von der allgemein vorherrschenden Angst anstecken lässt.
Für Rassegeflügel gilt: Überregionale Geflügelmärkte, -schauen oder -ausstellungen dürfen nur durchgeführt werden, wenn das dort ausgestellte Geflügel in den 14 Tagen vor Beginn der Veranstaltung in geschlossenen Ställen gehalten und längstens zwei Tage vor der Veranstaltung klinisch tierärztlich untersucht worden ist.

Artikel vom 21.10.2005