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Geflügel muss im Stall bleiben

Verständnis für die strengen Maßnahmen zum Schutz gegen Vogelgrippe

Rahden/Altkreis Lübbecke (bös/ber/sw/weh). Eine Nachricht jagt die nächste: Die Vogelgrippe kommt immer näher. Das spüren auch Hobbyzüchter und Geflügelhalter im Altkreis Lübbecke.

Der Vorsitzende des RGZV Tonnenheide, Hermann Schmidt, plant mit seinem Verein zum Beispiel an diesem Wochenende die Ortsschau. Schmidt sieht allerdings die Veranstaltung nicht gefährdet, auch weil sich die Tiere in geschlossenen Räumen befinden. Bis gestern Nachmittag habe er auch noch keine Nachricht vom Kreisveterinäramt Minden über Einschränkungen oder ein Verbot erhalten. Und der Kreis bestätigt, das noch keine Verbote geplant seien.
Schmidt geht auch davon aus, dass die »Deutsche Junggeflügelschau« in Hannover, ebenfalls an diesem Wochenende, nicht ausfällt. »Am Mittwoch haben die Züchter aus Tonnenheide ihre Tiere dort hin transportiert. Zwei Veterinäre, die früher nur die Impfnachweise überprüften, haben in jeden Käfig geleuchtet und sehr streng kontrolliert.
Horst Spreen, Vorsitzender des Bezirksverbandes der Geflügelzüchter Lübbecker Land, hat Teile seine Tiere bereits eingestallt. Er sieht darin einen Schutz für sein Geflügel. Bereits seit September sind etwa 100 Tiere im Tierpark Hann. Ströhen eingesperrt. »Es handelt sich hauptsächlich um Wassergeflügel«, sagte Tierpfleger Jürgen Grimberg gestern dem WESTFALEN-BLATT. »Die Tiere sind darüber nicht glücklich, denn sie können der Pflege ihres Gefieders nur unzureichend nachkommen. Es fehlt ihnen das Bad im Teich. Zurzeit müssen sie sich mit Wasser aus Tränken begnügen und benetzen ihre Federn mit Tropfen. Unbegrenzt ist eine Stallhaltung kaum möglich.«
Auch der umwelt- und agrarpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, MdL Friedhelm Ortgies, hält die Maßnahmen gegen die Vogelgrippe für zwingend notwendig. »Nachdem auch Krankheitsfälle im europäischen Teil Russlands aufgetreten sind, ist festzustellen, dass die Vogelgrippe langsam, aber sicher näher rückt.« Ortgies bittet nicht nur deshalb um Verständnis für die am 22. Oktober in Kraft tretende Eil-Verordnung des Bundesumweltministeriums und die Maßnahmen der Landesregierung. Aus Russland kommende Zugvögel würden auf dem Weg Richtung Süden die Bundesrepublik durchqueren, so der Rahdener Abgeordnete. Die Aufstallungspflicht für Geflügel (auch für Hobby- und Rassegeflügel) gilt bis 15. Dezember. Auch Ausstellungen dürfen nach der Eil-Verordnung nur noch stattfinden, wenn die Tiere in den 14 Tagen vor der Veranstaltung in geschlossenen Ställen gehalten und längstens zwei Tage zuvor tierärztlich untersucht wurden.
Das Wildgeflügel, das zum Beispiel auf dem Gabelweiher oder im Erholungsbereich Große Aue in Espelkamp heimisch ist, wird vorerst nicht eingefangen. »Das sind ja auch keine Zugvögel«, sagte Bürgermeister Heinrich Vieker. »Wenn es erforderlich wird, die Schwäne einzufangen und unterzubringen, werden wir das tun. Aber im Moment sehe ich dazu keine Notwendigkeit.«
Überhaupt schätzt der Espelkamper Bürgermeister, dass im Norden Ostwestfalens die Gefahr, durch den Vogelzug mit den gefährlichen Grippe-Erregern konfrontiert zu werden, relativ gering ist. »Zu uns kommen eher die Vögel, die über Spanien oder Italien nach Afrika fliegen, nicht die, die durch den Südosten Europas ziehen.« Eine größere Gefahr gehe seiner Meinung nach von den Urlaubern aus, die in den betroffenen Gebieten ihre Ferien verbringen.
Erstmals sollte der RGZV Büttendorf die gemeinsame Ausstellung aller fünf Hüllhorster Rassegeflügelzuchtvereine am ersten Dezemberwochenende in Holsen ausrichten, doch ob es jetzt noch dazu kommt? Hans-Dieter Scheding, Vorsitzender der Büttendorfer Züchter, ist skeptisch. »Wir haben alles vorbereitet, sogar schon die Wimpel, aber wer weiß, wie es weitergeht.« Er selbst hat drei Ställe, in denen er seine Tiere unterbringen kann: »Vor der Tür habe ich tagsüber eine Stahlmatte, damit genug Luft in die Ställe kommt.«
Die Rassegeflügelzüchter seien sich der Gefahren von Krankheiten bewusst, hielten engen Kontakt mit dem Veterinäramt und impften regelmäßig, so Scheding: »Ich weiß aber nicht, ob alle Tierhalter, auch die nicht in Vereinen organisierten, so sorgfältig sind.«
Wilfried Buck, der in Oppendorf einen großen Legehennen-Betrieb mit Freilauf-Haltung betreibt, begrüßt die Eilverordnung ausdrücklich. »Es wäre eine Katastrophe für die gewerblichen Geflügelhalter, wenn die Grippe zu uns kommen würde. Man kann nur hoffen, dass keine Zugvögel aus den bereits betroffenen Gebieten in unsere Region gelangen.«
Für seine Legehennen, die nun im Stall bleiben müssen, sieht Wilfried Buck keine Nachteile. »Die Hühner können die Umstellung gut vertragen. Ich gehe auch nicht davon aus, dass die Legeleistung nachlässt.«

Artikel vom 21.10.2005