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Altes Haus erstrahlt in neuem Glanz

Aus einem Abrissgebäude in Wehrendorf wird ein Vorzeigeobjekt - Familie nutzt es weiter

Vlotho-Wehrendorf (man). Vater und Tochter Wrachtrup kamen in dem Haus zur Welt. Später stand das historische Gebäude lange leer - jetzt füllt es sich wieder mit Leben, denn die nächste Generation hat sich angekündigt.

Eigentlich hätte das alte Wirtschaftsgebäude mit den charakteristischen Horststeinen längst abgerissen sein sollen. »Mit der Baugenehmigung für ein neues Wohnhaus wurde im Jahr 1974 der Abriss des Wirtschaftsgebäudes verfügt«, erläutert der Diplom-Ingenieur Ulrich Hoffmann, der die aufwändige Modernisierung des Hauses betreut. Auf etwa 180 Quadratmetern Wohnfläche entsteht an der Waddenbergstraße ein Haus, von dem Freunde ländlicher Wohnkultur begeistert sein werden. Sicherlich auch zur Freude des Sachverständigen, der vor Jahren das Dorfentwicklungskonzept für Wehrendorf erstellte. Denn dessen Einschätzung bedeutete, dass das alte Haus Wrachtrup »zu den wenigen unverfälschten, ortsbildprägenden Gebäuden« in Wehrendorf gehörte.
Konequenz: Der Experte forderte den Erhalt des Baus, der längst hätte verschwinden sollen. Ein Plädoyer, das erfolgreich war: Als sich die neue Wrachtrup-Generation für eine Modernisierung des Hauses unter Wahrung der historischen Bausubstanz interessierte, nahm das Bauamt die Abrissverfügung zurück.
Der 71-jährige Martin Wrachtrup, der im 1974 errichteten Nachbarhaus wohnt, packt kräftig mit an. Er freut sich schon auf die beiden Enkelkinder, die mit Tochter und Schwiegersohn im Januar einziehen werden.
Um den ortsbildprägenden Charakter nicht zu verlieren, durfte die Außenfassade nicht verändert werden. Unter Denkmalschutz indes steht das Gebäude nicht - so dass die Bauherren beim Fachwerk freie Hand hatten. So weit es ging, wurde die historische Substanz erhalten. Was hinfällig war, wurde durch neues Holz ersetzt.
Eindrucksvoll eine Aufnahme vor der eigentlichen Modernisierung, die das nackte Fachwerk-Gerippe zeigt: Bis auf diese Wände und die noch tragfähigen Deckenbalken sei das Haus entkernt worden, erläutert der Ingenieur aus Vlotho. Den Menschen, die von Generation zu Generation immer größer werden, wurde die Raumhöhe angepasst. Großen Wert legten die Verantwortlichen auf eine gute Innendämmung.
War das Herzstück der alten Bauernhöfe die »gute Stube«, in der die Familie vor allem am Sonntag zusammenkam, hat sich das Geschehen bei den Wrachtrups auf die Diele verlagert. »Diese wird unser Wohnzimmer«, sagt Dr. Thomas Kaps, der mit Ehefrau Eleonore Wrachtrup und den beiden Kindern noch in Bielefeld wohnt. Auch die Eltern des 41-jährigen Physikers helfen kräftig. Ein Familienzusammenhalt, der zum Projekt passt - denn es geht um die Weiternutzung eines Gebäudes, indem es die nächste Generation mit neuem Leben füllt. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft finden zueinander.
Die Gesamtkosten des Umbaus beziffert Ulrich Hoffmann auf etwa 200 000 Euro. Von den Kosten her sei das wie ein Neubau, sagt Kaps, der eben nur keinen Neubau wollte: »Ein historisches Haus ist schon etwas Besonderes.«

Artikel vom 20.10.2005