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400 Gänse suchen Obdach

Eilverordnung zur Vogelgrippe stellt viele Züchter vor Probleme

Von Joachim Burek
und Maike Stahl
Schlangen (SZ). »Vorsicht geht vor«, mit diesem Appell hat sich der Lippische Landwirtschaftliche Hauptverein an die 340 Landwirte im Kreis gewandt, die Geflügel halten. Die jetzt erlassene Aufstallungspflicht diene allein dem Schutz des Geflügels vor dieser Tierkrankheit, heißt es in dem Aufruf des Vereins.

Dennoch stellt die Eilverordnung die Geflügelzüchter vor Probleme. »Wenn die Hühner jetzt im Stall bleiben müssen, ist das doch Quälerei für die Tiere«, meint Hildegard Deppe, die zusammen mit ihrem Mann zehn Hühner hält. Erst mal müssen die jetzt rein. »Dann sehen wir weiter, was wir machen. Allerdings ist der Aufwand, den Auslauf zu überdachen für eine kleine Hobbyzucht enorm groß«, meint die Schlängerin.
Viele Hobbyzüchter scheinen inzwischen verunsichert zu sein. »Von früh morgens stand das Telefon bei uns nicht still, so viele Hobbyzüchter wollen ihr Geflügel jetzt verkaufen«, berichtet Annette Engelns, die eine Geflügelschlachterei führt und donnerstags in Schlangen auf dem Markt ihre Produkte verkauft. Sie selbst sieht aber auch Probleme auf den Zuchtbetrieb zukommen. »Wir haben 400 Enten und Gänse, deren Auslauf kann man nicht mal einfach überdachen.« Wahrscheinlich müssten sie einen Stall anmieten, auch wenn das Federvieh dann nicht mehr so gut gedeihen würde. Sorge bereitet ihr auch die Reaktion mancher Kunden: »Wir haben schon einen Rückgang bemerkt. Viele sind leider kaum informiert, wie sorgfältig alles überwacht wird.«
Auch Ulrich Meyer zu Evenhausen, Geflügelzüchter aus Leopoldshöhe und Vorsitzender des Geflügelzüchter Verbandes Minden-Ravensberg und Lippe warnt vor Panikmache. »Die Maßnahmen sind angelaufen, um ein Ausbreiten der Vogelgrippe nach Deutschland zu verhindern. Bisher besteht keine Gefahr für die Bevölkerung«, sagte er. Für die Verbraucher sei es wichtig, darauf zu achten, dass sie regional einkauften. Er selbst werde als Halter von 3800 Legehennen keine weiteren Bestände zukaufen.
Auch der Lippische Landwirtschaftliche Hauptverein wies gestern darauf hin, dass Geflügelfleisch und Eier weiter bedenkenlos verzehrt werden können.
Unterdessen hat in Lippe die Umsetzung des Aufstallungsgebotes begonnen. Betroffen sind unter anderem die Tierparke der Region. Nach Auskunft von Parkleiter Friedrich-Wilhelm Eckstein stallt der Vogelpark Heiligenkirchen in Detmold bis Freitagabend seine Laufvögel ein. Betroffen sind Enten, Gänse, Störche, Perlhühner, Nandus, Emus und Kraniche. Weiterhin wird es keine Futterstellen im Freien geben. Die Führung »Tierfütterung mit Tierpfleger« fällt bis auf weiteres aus. Wellensittiche, Papageien und Säugetiere sind weiter zu sehen.
Keine Probleme sieht Dr. Dirk Neumann, Leiter des Kalletaler Tierparkes. »Wir haben genügend Stallkapazität, um unsere Pelikane, zwölf Hühner und sechs Tauben unterzubringen. Bisher nicht betroffen sind nach Auskunft von Hans-Hermann Weiß von der Detmolder Adlerwarte die Greifvögel.
Aber auch die Ärzte und Apotheken in Schlangen merken bereits die Folgen der Vogelgrippe. Der Grippeimpfstoff ist vergriffen, zwei Ärzte führen Wartelisten, die Apotheken warten auf Nachschub. »Einige Patienten wollen sich gegen Vogelgrippe impfen lassen, obwohl das gar nicht möglich ist«, berichtet eine Arzthelferin. »Daran merkt man aber , wie verunsichert die Leute sind.«

Artikel vom 21.10.2005