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»Herr Apotheker, bitte ein Pils!«

Zwischen Aspirin und Grippemitteln: Brauerei bietet Biermix in Apotheken an

Von Vérénice Rokitta (Text und Fotos)
Bünde (BZ). Das gab es noch nie: Als erste Brauerei der Welt verkauft Karlsberg Bier in der Apotheke. Neben Kopfschmerztabletten und Grippemitteln können einige Apotheken ihren Kunden jetzt zwei Biermischgetränke anbieten. Vielleicht auch bald in Bünde.

Was unterscheidet diesen Gerstensaft mit dem Namen »Karla« von herkömmlichen Bieren? Der Markt scheint gesättigt, gibt es Bier doch bereits in jeder erdenklichen Art und Geschmacksrichtung: Lagerbier, Altbier, Weizenbier, Biermischgetränke mit Cola, Kirsche oder Zitrone. Dass trotzdem noch Platz für Innovationen ist, will die Homburger Karlsberg-Brauerei zeigen. Neu ist neben speziellen Inhaltsstoffen auch der Vertriebsweg. »Apotheken bieten ein hohes Maß an Beratung und Glaubwürdigkeit bei den gesundheitsbewussten Konsumenten«, sagt Dr. Richard Weber, geschäftsführender Gesellschafter der Karlsberg Brauerei.
Eigens für diesen Vertriebsweg entwickelt, untersteht das Biermischgetränk dem deutschen Reinheitsgebot. Es besteht zu 70 Prozent aus herkömmlichem Bier - der Rest ist ein Mehrfruchtgetränk voller Vitamine. »Als reines Naturprodukt bietet deutsches Bier einen ganz hervorragenden Grundstoff für ein Gesundheitsgetränk«, erklärt Dr. Weber. Der Kunde hat die Wahl zwischen zwei Sorten: »Karla balance« und »Karla well-be«.
Ob Bier gut für den Körper ist oder nicht, darüber scheiden sich die Geister. Seit einigen Jahren wollen Studien bewiesen haben, dass Bier - regelmäßig und in Maßen genossen - Schlaganfällen, Herzinfarkten, Nierensteinen oder Raucherbeinen vorbeugen kann. Verbraucherzentralen geben allerdings zu bedenken, dass es sich bei Bier um kein gesundes Lebens-, sondern ein Genussmittel handelt und Alkohol grundsätzlich nur in Maßen konsumiert werden sollte. Außerdem weisen sie darauf hin, dass Produkte, die in Apotheken verkauft werden, vom Kunden oftmals als gesundheitsfördernd eingestuft werden.
Laut Karlsberg ist das Getränk auf Bierbasis für den »aktiven Menschen mittleren Alters« gedacht. Dieser möchte sich mit Bier nicht betrinken - was bei dem niedrigen Alkoholgehalt von »Karla« von einem Volumenprozent wohl den Konsum einiger Kisten voraussetzen würde -, sondern achtet bei der Getränkewahl bewusst auf sich und seinen Körper.
Wer jetzt neugierig auf den hellen Gerstensaft geworden ist und den Autoschlüssel bereits in der Hand hat, um zur nächsten Apotheke zu fahren, sollte noch einmal genau prüfen, ob er genug Benzin im Tank hat - das Biermischgetränk ist nämlich vorerst nur im Saarland erhältlich. Als exklusiven Partner konnte Karlsberg den Apothekenverbund »1 A-Gesund«, einem Zusammenschluss von 20 saarländischen Apotheken, gewinnen. Der Testmarkt soll bis Ende des Jahres Erkenntnisse für den weiteren nationalen und internationalen Verkauf liefern. »Der Grundgedanke, Wirkstoffe aus der Apotheke mit dem guten Geschmack von Karlsberg zu verbinden, ist bei allen Beteiligten auf große Zustimmung gestoßen«, sagt Manuel Meissner, Sprecher des Apothekenverbundes.
Ob die Bestellung »Ein Bier, bitte« bald nicht nur in Gaststätten, sondern auch in den hiesigen Apotheken entgegen genommen wird, bleibt abzuwarten. Vielleicht können Interessierte dann anstatt ihres Wirtes künftig ihren Apotheker zu Risiken und Nebenwirkungen befragen.

Artikel vom 16.11.2005