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Familie besser als jedes Heim

Evangelische Jugendhilfe sucht Pflegeeltern für schwer erziehbare Kinder

Hiddenhausen (gb). Es ist keine leichte Aufgabe, die die Evangelische Jugendhilfe interessierten Eltern stellt. Doch sie kann das Familienleben mehr als bereichern: wenn ein Kind zur Pflege aufgenommen wird.

Es sind Kinder im Alter zwischen drei und 14 Jahren, für die die Jugendhilfe einen Platz sucht. Es sind keine einfachen Kinder. Sie haben oft eine schon schwere Zeit hinter sich, mit Misshandlungen, Missbrauch, mit Entzug von Liebe, mit Verweis aus dem Haus der leiblichen Eltern. Die Kinder reagieren mit Aggressionen, sie schlagen oder laufen einfach weg.
Dabei brauchen sie dringend ein richtiges Zuhause, mit Eltern, mit Geschwistern, mit Zuwendung, mit einem geregelten Alltag.
Die Jugendhilfe sucht nur solche Eltern, die pädagogisch vorgebildet sind, die bereits Lehrer, Erzieher, Pädagogen oder Psychologen sind. »Wir schauen genau hin, wenn wir eine Familie aussuchen«, sagt Wolfgang Berg, der zum Team »Ausgelagerte Heimplätze« in der Jugendhilfe gehört. Dem Fachkräfte-Team gehört auch der Psychologe und Psychotherapeut Stefan Reinisch an, der mit fachlichem Rat Pflegeeltern, Kinder und leibliche Eltern unterstützt.
Seit 14 Jahren besteht diese Einrichtung, die unstreitbar sehr gute Erfolge vorweisen kann. Kinder und Jugendliche, die nicht in Heimen leben müssen, haben deutliche bessere Chancen auf ein bürgerliches Leben. 40 Kinder leben derzeit in 20 Familien, zumeist nicht mehr als eine halbe Autostunde von der Jugendhilfe entfernt.
Einen Platz für bis zu zwei Kinder bietet schon seit 13 Jahren Martina Henning. Ihre Familie hat mit der Aufnahme zunächst eines Jungen gute Erfahrungen gemacht und weis die tatkräftige Unterstützung durch das Jugendhilfe-Team zu schätzen. Die Fachkräfte sind nämlich rasch zur Stelle, wenn es mal kräftig kriselt.
Weil die Betreuung eine schwere Aufgabe ist, schließt die Jugendhilfe in der Regel mit einem Pflegeelternteil einen regulären Arbeitsvertrag. Er umfasst eine halbe Stelle bei einem betreuten Kind und eine ganze Stelle bei zwei Kindern. So gibt es nicht nur ein geregeltes Gehalt, sondern auch vier Wochen Ferien und zehn freie Wochenenden im Jahr. Zudem zahlt die Jugendhilfe einen Mietkostenzuschuss, einen Zuschuss zum Lebensunterhalt und Taschengeld.
Doch der materielle Aspekt darf und soll bei der Betreuung nicht im Vordergrund stehen. Darauf legt man bei der Jugendhilfe großen Wert. Vielmehr muss es immer und zuallererst um eine positive Entwicklung der betreuten Kinder gehen. Dafür nehmen die Eltern auch an Weiterbildungen und Supervisionen statt. Das ist eine schwierige, aber auch reizvolle Aufgabe. Wer sich der stellen will, kann sich an Wolfgang Berg unter Telefon 05221/960223 wenden.

Artikel vom 19.10.2005