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»Unser zweiter Traum
heißt Klassenerhalt«

Interview mit Braunschweigs Trainer Michael Krüger

Von Peter Klute
Paderborn (WV). Sie stiegen gemeinsam auf und sind die großen Überraschungen der bisherigen Zweitliga-Saison. Die beiden Neulinge SC Paderborn 07 und Eintracht Braunschweig haben nach neun Spielen jeweils 15 Punkte auf dem Konto und sind nur durch ein Tor getrennt. Vor dem Duell am Freitag im Hermann-Löns-Stadion (Anstoß: 19 Uhr) sprach das WESTFÄLISCHE VOLKSBLATT mit Braunschweigs Trainer Michael Krüger (51).

Herr Krüger, Sie waren Spieler beim 1. FC Paderborn sowie Trainer beim Delbrücker SC und SuS Westenholz. Haben Sie noch Kontakt nach Ostwestfalen?Michael Krüger: Das ist 20 Jahre her, aber wenn ich zu Beobachtungen oder bei Spielen im Hermann-Löns-Stadion bin, sehe ich natürlich immer wieder das eine oder andere bekannte Gesicht. Mit dem Sportlichen Leiter des SCP, Günther Rybarczyk, habe ich zusammengespielt. Aus Delbrücker Zeiten treffe ich ab und zu noch Peter Eigner, der in Braunschweig arbeitet. Spiele in Paderborn sind insofern für mich schon etwas Besonderes.

Ein gebürtiger Delbrücker ist Martin Amedick. Ist Borussia Dortmund immer noch an Ihrem Abwehrspieler interessiert?Krüger: Zurzeit ruht das Thema, aber Martin ist sowieso Profi genug, sich auf Braunschweig zu konzentrieren. Wir wollen ihn unter allen Umständen halten, denn er hat sich im vergangenen Jahr super entwickelt, ist sportlich und menschlich zu einer festen Größe in unserer Mannschaft geworden. Er war in der Regionalliga ein Leistungsträger und ist es auch jetzt in der zweiten Bundesliga.

Apropos Aufstieg. Welche Erinnerungen haben Sie an den 28. Mai 2005?Krüger: Das war der Tag meines 51. Geburtstages und einer meiner schönsten als Trainer. Wir standen am vorletzten Regionalliga-Spieltag unter einem Mega-Druck, mussten gewinnen und haben mit dem 3:1 in Paderborn den Grundstein zum Aufstieg gelegt. Das war eine perfekte Leistung zum richtigen Zeitpunkt mit mehr als 5000 mitgereisten Eintracht-Fans. Am Freitag werden uns zwar nicht so viele Anhänger begleiten, aber mit mehr als 2000 rechne ich schon.

Im Gegensatz zum SCP, der zehn neue Spieler geholt hat, haben Sie Ihren Kader nur geringfügig verändert . . .Krüger: Wir wussten, dass es eine schwere Aufgabe wird, aber wir waren und sind davon überzeugt, dass wir die Liga mit unserem Kader plus zwei, drei Verstärkungen erhalten können. Die Mannschaft ist charakterlich einwandfrei, da gibt es keine Stinkstiefel. Schon im Winter gab es Stimmen, die drei klangvolle Neuzugänge gefordert haben, um den Aufstieg sicher zu schaffen. Das haben wir damals abgebügelt und im Sommer wieder.

Hat die Stimmung nach drei sieglosen Spielen gelitten?Krüger: Überhaupt nicht. Nach dem 0:0 am Sonntag gegen den VfL Bochum sind alle zufrieden nach Hause gegangen. Wir haben gegen den Topfavoriten ein super Spiel gemacht, nur das i-Tüpfelchen hat gefehlt. Momentan sind in Braunschweig alle hochzufrieden mit unserem Abschneiden. 15 Punkte nach neun Spielen: Das ist mehr, als wir erwartet haben. Unser Ziel ist, bis zur Winterpause den Grundstein für ein weiteres Zweitliga-Jahr zu legen.

Wie beurteilen Sie die Liga insgesamt?Krüger: Wir haben schon gegen alle drei Absteiger gespielt und für mich war Freiburg bislang der stärkste Gegner. Für uns zählte von Anfang an nur der Klassenerhalt und daran hat sich nichts geändert. Wir haben uns mit dem Aufstieg den ersten Traum erfüllt und stricken jetzt an dem zweiten. Da zählen in erster Linie die Punkte. Der Verein hat für die Stadt und die Region eine enorme Bedeutung, ein direkter Wiederabstieg wie vor zwei Jahren ist unvorstellbar.

Wie ist Ihr Eindruck vom SC Paderborn 07?Krüger: Der SCP ist, wie Sie schon gesagt haben, einen anderen Weg gegangen und hat bei seinen Neuzugängen ein glückliches Händchen gehabt. Da passt alles zusammen, sonst hätte die Mannschaft bislang nicht so konstant gut gespielt. Der SCP zeichnet sich durch seine Geschlossenheit aus, spielt sehr diszipliniert und variabel. Da kann ich nur sagen: Hut ab vor der Arbeit meines Kollegen Jos Luhukay. Ich habe Paderborn am Freitag in der Allianz Arena gesehen. Bei 1860 München ist es Ihnen ähnlich ergangen wie uns. Sie waren die bessere Mannschaft, haben hochkarätige Möglichkeiten vergeben und 0:1 verloren. Ich erwarte ein offenes und schweres Spiel. Beide Teams können kämpfen und gut Fußball spielen.

Artikel vom 19.10.2005