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Sanitäter auf
Selbstmordfahrt

Geldbuße nach Trunkenheitsunfall

Herford/Spenge (cl). Vor Beginn des Prozesses waren sich Richterin Alexandra Sykulla und Staatsanwältin Ute Beckmann einig: »So jemand darf für längere Zeit nicht mehr am Straßenverkehr teilnehmen, schon gar nicht als Rettungssanitäter!« Doch der persönliche Eindruck, den der 22-jährige Thomas A. (Name geändert) in der Verhandlung hinterließ, veränderte die Meinungen.

In der Nacht zum 20. Mai 2004 fuhr A. mit einem geliehenen Auto und knapp 0,8 Promille Alkohol im Blut ungebremst gegen einen Baum. Dabei hatte er noch zwei Oberleitungsmasten übersehen, die er »platt mähte«. Der Fremdschaden allein betrug 2300 Euro. Erklärung des Angeklagten für den Crash: »Ich wollte mir das Leben nehmen!«
Thomas A. war zu einer jungen Frau und ihrer Tochter nach Spenge gezogen, hatte ihr zuliebe auch die Arbeitsstelle gewechselt. So pendelte er täglich nach Wuppertal und versorgte abends noch Haushalt und Tochter. »Ich habe alles für die Frau getan und viel Zeit und Energie geopfert.«
Doch das Zusammenleben klappte nicht, A. verließ die Wohnung. Wenige Tage später traf man sich zufällig in einer Vlothoer Discothek. Dabei zeigte ihm der Discjockey einen eindeutigen Zettel, den ihm die Frau geschrieben hatte. Eigentlich hatte Thomas A. geplant, im Pkw zu übernachten. Doch dann rief er in den frühen Morgenstunden die Ex-Freundin an: »Ich mache jetzt etwas, was du dann in der Zeitung lesen kannst.«
Am Auto entstand bei dem Unfall Totalschaden. A., der sich bewusst nicht angeschnallt hatte, erlitt erhebliche Verletzungen. Er begab sich freiwillig in die Psychiatrie Gütersloh, wo er erfolgreich behandelt wurde. So wurde das Verfahren gegen 600 Euro Buße eingestellt. Der Angeklagte bekam seinen Führerschein wieder, damit er eine neue Arbeitsstelle in Niedersachsen antreten kann.

Artikel vom 18.10.2005