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Weiche Wellen, trockene Sprüche

Einsatz für die Wasserschutzpolizei: WSP 22 sieht auf der Weser nach dem Rechten

Von Thomas Hochstätter
(Text und Fotos)
Bad Oeynhausen (WB). Das Boot schaukelt etwas. Polizeihauptkommissar Gerhard Kiehl schaut nur kurz vom Laptop hoch. Sein Blick fällt auf zwei Kanuten. »Mann, die hauen ja wieder aufs Wasser mit ihren Paddeln!« Vom Steuer kommt ein Nicken. Polizeioberkommissar Michael Schnabel-Lehmeier schätzt an seinem Kollegen nicht zuletzt den Humor.

Mit Polizeiboot WSP 22 fahren die beiden Beamten der Mindener Wache der Wasserschutzpolizei heute Streife auf der Oberweser. Anfang Oktober ist scheinbar nicht mehr viel los auf dem Stück vom Rehmer Anleger bis zum Veltheimer Kraftwerk. Doch die beiden sehen andere Dinge als der Laie. Hier nehmen sie die Landungsstege in den Blick, die Ende des Monats verschwunden sein müssen, um bei Hochwasser nicht flussabwärts zu treiben. Dort werden Bauwerke am Ufer fotografiert, damit das elektronische Leitstellen-System in Duisburg bald noch anschaulichere Informationen liefern kann.
Die Arbeit auf der Weser zwischen Flusskilometer 171,86 in Kalletal-Vahrenholz und 241 in Stolzenau macht für die Mindener Wasserschutzpolizei nur etwa 20 Prozent aus. Der Rest der Zeit wird für die Binnenschifffahrt auf dem Mittellandkanal benötigt. Da ist die sich schlängelnde Weser eine willkommene Abwechslung zu dem schnurgeraden Kanal.
Das findet Michael Schnabel-Lehmeier auch. Der 48-Jährige dreht gerade sanft am Steuerrad. »Anders als beim Auto muss man die Kurven auf dem Fluss immer schön ausfahren«, erklärt er. »Kurven schneiden ist da nicht.« Er grinst. »Kann man natürlich trotzdem machen. Gibt aber hässliche Geräusche.« Kleine Landzungen sind schon vielen Sportbootfahrern teuer zu stehen gekommen. »Wer sich hier einmal die Schraube kaputt gefahren hat, der hat meist keine Lust mehr auf die Weser«, sagt Michael Schnabel-Lehmeier. »Die ist nicht ohne.«
Wenn sich einer auch unter Wasser auskennt, dann der Mann mit dem OWL-untypischen Dialekt. In Berlin war er elf Jahre lang Polizeitaucher. Vorher hat er Hausbesetzer-Barrikaden abgebaut. Dann entdeckte er seine Liebe zum Wasser. »Das ist eine Ausbildung, wie man sie nicht mal eben so im Urlaub macht«, erzählt er, »kann man auch in der Freizeit gut gebrauchen.« Das hat Michael Schnabel-Lehmeier in Ägypten und auf den Malediven schon ausprobiert. Jetzt schippert der Neu-Extertaler durch Westfalen - und findet's großartig.
»Wir haben eine schöne Aufgabe«, sagt auch Polizeihauptkommissar Gerhard Kiehl, der von Deck aus gerade zwei Brücken auf den Speicherchip seiner kleinen Dienstkamera gebannt hat. Vor rund 20 Jahren hat sich der heute 52-Jährige gefragt: »Willst du denn immer auf dem Streifenwagen sitzen?« Er wollte nicht. »Und als Petershagener hatte ich schon immer einen Bezug zum Wasser«, erzählt er.
Seitdem hat Gerhard Kiehl viel gelernt, denn Wasserschutzpolizisten müssen sehr spezielles Fachwissen haben. Das geht vom Umgang mit dem nautischen Informationsfunk bis zum Ölwechsel, von der Explosionsvorbeugung bei Tankschiffunfällen bis zu den Paragrafen der BinSchStrO, der Binnenschifffahrtsstraßen-Ordnung.
Die Kundschaft der Wasserschutzpolizei schätzt ihre Kontrolleure gemeinhin. »Weil wir Ausrüstung und technischen Zustand während der Fahrt kontrollieren können, halten wir niemanden auf«, erzählt Gerhard Kiehl, »da bekommt man an Bord auch schon einmal einen Kaffee.« Und wenn alles in Ordnung ist, klebt anschließend die Prüfplakette am Boot. Weil das Kontrollsystem umfangreich ist, schippern auf den deutschen Flüssen und Kanälen längst nicht so viele Sicherheitsrisiken umher, wie auf deutschen Autobahnen rollen. Das lässt sich die Landesregierung einiges kosten. Polizeiboot WSP 22 zum Beispiel, inzwischen 15 Jahre alt, schlug mit umgerechnet 250 000 Euro zu Buche.
Jetzt schnurrt WSP 22 gerade unter der Rehmer Autobahnbrücke durch. »Heute ist gar kein Stau auf der A 2«, sagt Gerhard Kiehl zu seinem Kollegen. Michael Schnabel-Lehmeier nickt. Vor seinem Bug ist auch alles frei.
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Artikel vom 15.10.2005