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Saisonauftakt mit Klaviervirtuosen

Bielefelder Philharmoniker spielen von Spätbarock bis Spätromantik

Von Wilhelm Friedemann
(Text und Foto)
Bad Oeynhausen (WB). Mit »The French Connection« war das erste Sinfonie-Konzert mit dem Philharmonischen Orchester Bielefeld im Theater im Park betitelt. Werke von Jean-Philippe Rameau, Wolfgang Amadeus Mozart und Vincent dÕIndy spannten einen weiten Bogen vom Spätbarock über die Wiener Klassik bis hin zur expressiven Spätromantik.

In kleiner Streicherbesetzung musizierte das Philharmonische Orchester Bielefeld unter der Leitung von Generalmusikdirektor Peter Kuhn das dritte Konzert aus Jean-Philippe Rameaus »Pièces de clavecin en concerts«. Trotz klarer Phrasierungen und dynamisch durchaus vielfältiger Gestaltung konnte der Ausflug des Orchesters in das französische Barock nicht überzeugen. Bereits im Eingangssatz »La La Poplinière« wirkten die tiefen Streicher zu breit, das vibratoarme Spiel der hohen Streicher ging zu Lasten der Intonation, und im abschließenden filigranen »Tambourin« wirkten manche Musiker doch regelrecht überfordert.
Wenn man an das bevorstehende Mozert-Jahr denkt, so sind es vor allem die reifen, wichtigen Werke des mit 35 Jahren verstorbenen Musik-Genies, die man sich im Konzertsaal zu hören wünscht. Sein Klavierkonzert aus dem Jahre 1777 mit dem Beinamen »Jeunnehomme« wird aus unserer Perspektive schnell in die großen Werke eingereiht. Doch betrachtet man Mozarts bisheriges Schaffen, so traut man seinen Ohren kaum, denn alles ist hier plötzlich anders, neu und unerwartet. So beginnt der Eingangssatz nicht wie bisher üblich mit einer langen Orchestereinleitung, sondern das Klavier beantwortet bereits im zweiten Takt die vorausgegangene Orchesterfanfare. Das Spiel von Denys Proshayev im ersten Satz des Konzertes zeichnete sich durch sachliche Überlegenheit aus.
Im langsamen Satz - dem ersten Mollsatz in einem Mozart-Klavierkonzert - bewies Proshayev Sinn für die Architektonik in Mozarts Kompositionen. Rubato gebrauchte der Pianist im besten Sinne des Wortes. Sein Spiel war leidenschaftlich ohne pathetisch zu wirken. Das zügige Tempo des Schlusssatzes betonte die Virtuosität des Solisten - das Orchester erwies sich als solider Begleiter. Die Inspiration von Denys Proshayev übertrug sich auf die Musiker des Bielefelder Philharmonischen Orchesters, und Kuhn sorgte für eine entsprechende Farbigkeit. Das Publikum feierte Denys Proshayev mit begeistertem Applaus, so dass es zwei Zugaben gab, darunter Mozarts »Rondo alla turca« aus der A-Dur-Sonate.
Im letzten Jahr des ersten Weltkrieges entstand Vincent dÕIndys dritte und letzte Symphonie, die er »De Bello Gallico« betitelte. Mit großem Orchester, viel Schlagwerk und kriegstypischen Instrumenten wie Militärtrommel und Piccolo-Trompete schuf dÕIndy ein Klanggemälde, das nicht kriegsverherrlichend wirkt, sondern große Eindrücke klanglich darstellt. Im viersätzigen Werk des französischen Komponisten zeigte das Bielefelder Orchester seine große dynamische Spanne und offenbarte die innige Zusammenarbeit mit Kapellmeister Kuhn. Besonders homogen wirkte das Zusammenspiel der Holz- und Blechbläser.

Artikel vom 15.10.2005