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Gerne in fröhlicher Gesellschaft

Charlotte Gärtner feiert am heutigen Tag ihren 85. Geburtstag


Schloß Holte-Stukenbrock (ib). »Für meine Kinder möchte ich gerne ein Buch schreiben«, blickt Charlotte Gärtner auf ihr bewegtes und bewegendes Leben, das viele schöne, aber auch schwere Zeiten für sie bereithielt. »Meine Familie war und ist für mich immer das Wichtigste«, erzählt die grazile Dame, der man ihr Alter ganz und gar nicht ansieht. Heute feiert Charlotte Gärtner ihren 85. Geburtstag - natürlich im Kreise ihrer Familie. Und da ihr Geburtstag fast immer in die Pollhans-Zeit fällt, ist auch ein gemeinsamer Kirmesbesuch geplant.
Am 17. Oktober 1920 wurde Charlotte Gärtner als älteste Tochter von fünf Kindern geboren. Sie wuchs auf dem elterlichen Bauernhof im Kreis Frankenstein auf und besuchte die Ursulinen Schule in Breslau. »Ich sollte so auf das Leben als Bäuerin vorbereitet werden«, blickt sie schmunzelnd zurück. Es kam natürlich anders: Sie lernte einen Unteroffizier kennen und lieben. »Mein Vater war zunächst gar nicht begeistert«, erinnert sie sich. »Aber schließlich hat er es akzeptiert, ich heiratete meinen Mann Paul und wir zogen in die Stadt Glatz.« Beide erlebten eine glückliche Zeit, bekamen zwei Töchter - bis Paul Gärtner von der Wehrmacht eingezogen wurde.
»Einen Tag vor Kriegsende standen die russischen Soldaten kurz vor unserer Stadt«, berichtet Charlotte Gärtner. Mit ihren beiden Kindern und zudem noch hochschwanger kam sie in ein russisches Internierungslager. »Zum Glück hatte ich Schmuck und Bargeld bei mir«, erzählt sie weiter. Für 2000 Mark war ein tschechischer Bauer bereit, sie und ihre Kinder über die Grenze zu bringen. Von dort suchte sie Verwandte in Westfalen auf, die sie aufnahmen. Ihr Ehemann, schwer kriegsbeschädigt, kam ein Jahr später aus russischer Gefangenschaft frei. Die Familie zog nach Schloß Holte-Stukenbrock, wo sie sich in Eigenleistung ein Häuschen baute.
»Mein Mann erkrankte nach unserer silbernen Hochzeit und starb noch im selben Jahr.« In ihrer Trauer musste Charlotte Gärtner nun alleine für die sechs gemeinsamen Kinder sorgen. Sie machte Heimarbeit, arbeitete als Arzthelferin und später als Krankenpflegerin in privaten Haushalten. So wurde das Haus abbezahlt und ihren Kindern konnte sie zudem eine gute Ausbildung ermöglichen.
»Heute brauche ich nicht mehr zu arbeiten«, lacht sie, »Ich genieße mein Leben bei guter Gesundheit.« Vor drei Jahren hat Charlotte Gärtner eine Studienreise quer durch Brasilien gemacht. »Zu meinem 60. Geburtstag habe ich meine erste Urlaubsreise nach Mallorca unternommen«. Die bekam sie von ihren Kindern geschenkt. Seitdem ist sie weit in der Welt herum gekommen. Mit regelmäßiger Gymnastik und Saunabesuchen hält sie sich fit. Zudem singt sie im Kirchenchor. »Vor allem aber bin ich gerne in fröhlicher Gesellschaft«, erzählt sie. Ihren 85. Geburtstag wird sie daher am kommenden Wochenende mit der ganzen Familie - all ihren Kindern, den zwölf Enkelkindern und den sieben Urenkeln - nachfeiern.

Artikel vom 17.10.2005