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Mit einem »Maisgebiss« durch den Hanf

Ernte auf Gut Deesberg - Bis zu 3000 Liter Öl werden aus den Pflanzen gewonnen

Von Hartmut Horstmann (Text)
und Oliver Schwabe (Fotos)
Vlotho (VZ). Wenn Daniel Rolfsmeyer von seinem Hanf redet, erntet er noch immer das eine oder andere Schmunzeln. Der Gedanke an gängige Rauschmittel liegt nahe, doch beteuert der 24-Jährige: »Der Rauschmittel-Anteil ist herausgezüchtet worden.«

11 Hektar voller Hanf wurden in diesem Jahr auf dem Gut Deesberg angebaut - wobei die Felder sowohl auf Vlothoer als auch auf Bad Oeynhausener Seite liegen. Mit einem speziellen Mähdrescher wurden die hohen Pflanzen gestern »abrasiert« und verarbeitet.
Im Jahr 1996 begannen die Verantwortlichen vom Gut Deesberg mit dem Anbau von Hanf. Um zu gewährleisten, dass die Pflanze nicht »falsch« genutzt wird, gibt es unabhängige Prüfer, die die Felder vor der eigentlichen Blüte genau kontrollieren.
Doch nicht jeder glaubt den Experten, so dass mancher unwissende Zeitgenosse die Probe aufs Exempel versucht. Daniel Rolfsmeyer hat zwar noch keinen Eindringling überrascht, doch er sagt: »Man entdeckt immer mal wieder Wege, die aufs Feld führen.«
Wenn es darum geht, die Vorteile des rauschmittelfreien Hanfs zu benennen, muss der 24-jährige Student der ökologischen Agrarwissenschaften nicht lange überlegen. Zum einen: Zu den Charakteristika der grünen, »den Boden durchwurzelnden« Pflanze gehört es, dass sie Unkraut unterdrückt. Dies sei besonders für den ökologischen Anbau interessant. Hanf trage zur Auflockerung der Fruchtfolge bei, die Pflanze sei wenig krankheitsanfällig.
Was die Nutzung angeht, so nennt Rolfsmeyer zwei Aspekte. Die aus dem abgeernteten Stengel gewonnene Faser findet seitens der Automobilindustrie Verwendung. Die vom Mähdrescher zerkleinerten Stengel gehen hier an die Firma Nafitech in Werther.
Und dann das Öl, welches aus dem Samen gepresst wird. Als Bestandteil von Müsli komme es in Frage, aber auch in der Medizin spiele es eine Rolle. »So wird es gegen Neurodermitis eingesetzt«, erläutert Rolfsmeyer.
Er geht davon aus, dass aus den elf Hektar Hanf 2000 bis 3000 Liter Öl gewonnen werden. Eine stolze Zahl - dass es soweit kommen kann, ist dem Mähdrescher des Unternehmers Karl Krumm zu verdanken. Mit einem »Maisgebiss« schneidet er die Pflanzen ab, zieht sie in einen Einzugskanal und bringt die Stengel samt Fasern auf eine Länge von 50 Zentimeter.
Während des Dreschens wird der Hanf vom Rest der Pflanze getrennt. Der Samen landet auf dem Wagen des Landwirtes.
Mähdrescher mit einem »Maisgebiss« sind rar, und so geht der 30-jährige Fahrer Frank Krumm mit seinem speziell für die Hanfernte umgerüsteten Fahrzeug auf Deutschlandtournee. Witterungsbedingt ist es in diesem Jahr spät geworden. Der 30-Jährige: »Vlotho ist meine letzte Station. Danach ist für dieses Jahr Schluss.«

Artikel vom 14.10.2005