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Diebe geben
Idee für das
Meisterstück

Delbrücker baut Rad aus Holz

Von Silvia Scheideler
Delbrück (WV). Fünf Fahrräder sind Niklas Zehe bereits in Delbrück geklaut worden. Sein Meisterstück lässt sich der 24-Jährige aber nicht stehlen. Seit 15 Jahren hat es laut dem Paderborner Bewertungsausschuss nicht mehr ein solch' außergewöhnliches Stück gegeben. Eine Eins gab's für den Tischler als Belohnung. »Ich wollte etwas Besonderes machen, keinen Schrank oder eine Kommode. Möbel habe ich genug«, erklärt er. »Und so ist es halt ein 2,80 Meter langer ÝBeach-CruiserÜ geworden.«

Fünf Wochen und 200 Arbeitsstunden wurden den angehenden Tischler-Meistern als Zeitvorgabe gegeben. »Erst wollte ich ein Mountainbike tischlern, die Linien waren mir aber zu gerade. Wegen der geschwungenen Formen habe ich mich dann für den ÝBeach-CruiserÜ, an dem alles etwas größer ist, entschieden«, erzählt Niklas Zehe. Mit dem 50 Kilogramm schweren Kunstwerk kann man sogar fahren. »Aber eigentlich ist es zu schade und zu wertvoll«, sagt er. 6000 Euro standen in der Erstkalkulation. Niklas Zehe meint, er würde bestimmt einige Kilometer schaffen: »Ich bin ein geübter Radfahrer, mache lange Touren mit Rucksack und Zelt.« Problematisch sei nur der große Wendekreis, »vergleichbar mit dem eines Bullis«, und irgendwann würde auch der eine Gang zum Handicap.
Gefertigt hat der 24-Jährige sein Meisterstück aus heller Esche, »das ist biegeelastisch«, und Wenge, ein dunkles afrikanisches Hartholz.
Die jeweils fünf Millimeter starken Elemente wurden im ganzen Block in Form gepresst. »Macht man das Holz nass, dann lässt es sich leichter biegen«, erklärt der Tischler-Meister. Leim und einen zweiten Pressvorgang braucht es aber schon, bis die geschwungenen Formen Bestand haben. Besonderer Hingucker ist der riesige Lenker, der sich aus 49 Einzelleisten von drei Metern Länge zusammensetzt. Für den Schwung des Sattels musste der Handwerker zu schwerem Geschütz greifen, mit der Motorsäge ging's. Niklas Zehe gibt zu, dass er viel Schweiß gelassen hat. »Ich würde es aber wieder genauso machen«, lacht er. »Das Rad war bei der Ausstellung aller Meisterstücke der Hingucker.«
Nach seiner Ausbildung bei der Delbrücker Tischlerei Tegethoff, dem Wehrdienst und dem Fachabitur entschloss sich Niklas Zehe für die Meisterprüfung im Technologie- und Berufsbildungszentrum Paderborn (tbz). Im November 2004 startete der Meisterkursus. Am Ende stand das Meisterstück, das er in seinem Ausbildungsbetrieb anfertigen konnte.
Einen Platz kennt der Tischler-Meister auch schon für seinen »Beach-Cruiser«: »Das Rad wird bald in unserem Wintergarten aufgehangen. Das wird der schönste Platz sein«, und ganz nebenbei erklärt er, dass er gerade ein neues Holzhaus für seine Eltern baut.
Ein interessantes Jobangebot hat sich bisher, Ende Juni hatte er den Meisterbrief in der Tasche, nicht ergeben. »Vielleicht gehe ich Ende des Jahres in die Schweiz, dort habe ich schon Kontakte geknüpft«, verrät Zehe. Dort sei das Handwerk noch stärker vertreten als in Deutschland. Sein Traum ist es, mehr handwerklich zu arbeiten, weg von Maschinen und Massenware. Aber wenn sich hier etwas ergibt, würde der Delbrücker auch gerne bleiben.
www.niklaszehe.de

Artikel vom 13.10.2005