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Berliner mögen
Uffelns Wal

»Moby Dick« wurde 1973 gebaut

Von Hartmut Horstmann
Vlotho-Uffeln/Berlin (VZ). Beim Namen »Moby Dick« denken Literaturfreunde an einen weißen Wal. Ein Wal, der in veränderter Form bis heute lebt und dessen Erfolgsgeschichte in Uffeln begann - bei ihm handelt es sich um das beliebteste Fahrgastschiff Berlins.

Gebaut wurde das Schiff im Jahr 1973 auf der damaligen Werft Büsching und Rosemeyer. Die Aktion habe damals große Beachtung gefunden, schreibt Helga Simonsmeier in einem Beitrag der Geschichtswerkstatt Exter. Die Pläne für das Ausflugsschiff hätten die Konstrukteure der heimischen Werft entworfen. Wegen Terminschwierigkeiten wurde der Rumpf in den Niederlanden erstellt, Innenausbau und Ausrüstung erfolgten in Uffeln.
Zu denen, die das Geschehen auf den Werften gut verfolgen konnten, gehört der Vlothoer Erich Kölling. Von seinem Balkon aus fällt sein Blick auf den Hafen - als bei einem Tag der offenen Tür vor mehr als drei Jahrzehnten die Möglichkeit bestand, den weißen Wal von Uffeln zu besichtigen, ließ er sich die Gelegenheit nicht entgehen. Mit einem Fotoapparat ausgerüstet, ging der damals 39-Jährige an Bord - die seinerzeit entstandenen Aufnahmen hat er aufbewahrt. »Das Schiff war für Vlotho schon etwas Besonderes«, erinnert sich Kölling an ein großes Interesse der Bevölkerung.
Das exklusive Gefühl, das ein Mensch haben mag, der im Bauch eines Wales verschwindet, übt auch auf die Berliner einen großen Reiz aus. 60 000 Passagiere werden pro Saison auf der »Moby Dick« befördert, erklärt Christian Garbrecht, Verkaufsleiter der Stern- und Kreisschiffahrt GmbH. Es handle sich um das beliebteste Fahrgastschiff Berlins. Vor allem bei Kindern komme es sehr gut an.
Die Anlegestelle des 400 Plätze umfassenden Schiffes (davon 150 im Innenbereich) befindet sich in Tegel, zwei bis drei Mal täglich geht der Wal in der Saison von April bis Oktober auf Tour. Eine der Strecken führt bis zum Bundeskanzleramt - ein schwimmendes Raubtier am Puls der Zeit.
Für die Literaturfigur Kaptain Ahab bedeutete Moby Dick den sicheren Tod, für viele Ehepaare steht der Name des weißen Ungeheuers für das Gegenteil, für ein gemeinsames Leben. Seit 1998 kann auf dem Schiff auch geheiratet werden. Etwa 15 Paare nehmen pro Saison die Dienste der schwimmenden Außenstelle vom Standesamt Reinickendorf in Anspruch - möglicherweise nicht ahnend, dass die Grundlage ihrer Ehe in Uffeln geschaffen wurde.

Artikel vom 13.10.2005