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Am Zahltag gibt's die meisten Einsätze

Britische Militärpolizei bei Bedarf in Löhne schnell zur Stelle - Präsenz zeigt Wirkung

Von Peter Schelberg
Kreis Herford/Löhne (LZ). Die signalgelbe Lackierung seines Dienstwagens erinnert bei flüchtigem Hinsehen eher an ein Pannenhilfsfahrzeug der Straßenwacht. Doch wenn der Mann mit dem roten Barett aussteigt, geht es meist nicht um Pannen, sondern um Verkehrsdelikte oder Straftaten. Simon Bailey fährt Streife im Dienst der Britischen Armee. In Herford, Löhne, Bad Oeynhausen, Bünde, Bad Salzuflen und Lübbecke ist der Feldwebel der Militärpolizei regelmäßig unterwegs.

Unterstützt wird Bailey von Corporal Mark Evans (33) und Kollegin Jane McLauchlan (34), die ebenfalls in der Wentworth-Kaserne in Herford stationiert sind. Montags bis freitags sind die Militärpolizisten im Einsatz, bei Bedarf auch am Wochenende. 24-Stunden-Bereitschaftsdienst wird vom Gütersloher Hauptquartier aus gewährleistet.
»Unsere Hauptaufgabe ist Kriminalitätsbekämpfung und -vorbeugung«, erläutert Bailey. Dabei arbeitet die britische Militärpolizei eng mit den deutschen Kollegen zusammen. Das Arbeitsspektrum ist weit gefasst: Dazu zählen die Verkehrsregelung bei Manövern und die Unfallaufnahme ebenso wie Ermittlungen bei Ladendiebstahl, Einbrüchen oder Festnahmen bei Schlägereien.
Mehr Einsätze als üblich haben Bailey und sein Team erfahrungsgemäß beim so genannten »millionaire's weekend»: »Am Wochenende nach dem Zahltag fahren wir verstärkt Streife, weil es dann meist mehr Zwischenfälle gibt.«
Auch bei Volksfesten oder Disko-Veranstaltungen zeigt die »MP« Präsenz - bis hin zur gemeinsamen Streife mit der deutschen Polizei. »Wir haben gute Kontakte zu Wirten und Türstehern, können bei Bedarf schnell eingreifen«, schildert der Feldwebel. Dabei verhehlt er nicht, dass Lokale für britische Soldaten gelegentlich zur »No go area« erklärt werden, wenn es häufiger »Ärger« gibt. Angehörige der Streitkräfte dürfen sich dann nicht mehr in diesen »Out of bounds«-Kneipen aufhalten. Werden sie dennoch erwischt, drohen empfindliche Strafdienste in ihrer Einheit oder auch Geldstrafen. Allerdings sei die Anzahl der Schlägereien und Straftaten unter Alkoholeinfluss zurückgegangen, betont Simon Bailey.
Soldaten und Angehörige, die erstmals nach Deutschland kommen, werden von den »red caps« - so ein Spitzname der Militärpolizisten - in Informationsveranstaltungen mit Besonderheiten des deutschen Rechts und auch Möglichkeiten der Kriminalitätsvorbeugung vertraut gemacht.
»Weil in Großbritannien Linksverkehr herrscht, haben viele Autofahrer in der ersten Zeit noch Probleme mit der Vorfahrtsregelung ÝRechts-vor-LinksÜ auf deutschen Straßen«, schmunzelt Bailey. Auch dass viele Alltagsdinge von der Autowäsche über Schneeräumen bis zur Müllbeseitigung in der Bundesrepublik bis ins kleinste Detail geregelt sind, ist für die meisten neu angekommenen Briten eine überraschende Erfahrung. »In England wird auch sonntags Rasen gemäht«, nennt der Polizist ein Beispiel.
Im Streifendienst ist der 40-Jährige mit Schlagstock, Handschellen, Mobiltelefon und Schusswaffe für die meisten »Eventualitäten« ausgerüstet. »Eine gute Basisausstattung ist wichtig, aber entscheidend ist der Kopf«, meint der erfahrene Offizier der Royal Military Police, der auch kritische Situationen meist durch sicheres Auftreten und klare Worte meistern kann. Zuständig sind Bailey und sein Team zwar »nur« für die britischen Soldaten und deren Familien, aber sie fahren mit offenen Augen und Ohren durchs Land: »Wenn es nötig ist, helfen wir und greifen ein.« So stoppte der Feldwebel einmal kurz entschlossen einen nicht-britischen Autofahrer, der offensichtlich betrunken mit seinem Pkw in Schlangenlinien über eine rote Ampel gefahren war, und verständigte dann seine deutschen Kollegen: »In solchen Fällen wirkt eine Uniform immer . . .«

Artikel vom 11.10.2005