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Auswanderer auf der Überholspur

Arnold Wagner (69) aus Spenge ist in den USA als Porschetuner berühmt geworden

Von Julia Lüttmann
Spenge/Mission Viejo (SN). Schon als Junge konnte Arnold Wagner (69) gut mit Zahlen umgehen: Als er in Wallenbrück zur Schule ging, tauschte er die Ergebnisse der Rechenaufgaben gegen Wurstbrote. Heute lebt der Wallenbrücker in Kalifornien und gilt als »legendärer Motorentuner«. Wem in den USA die serienmäßige Ausstattung seines Porsches nicht mehr reicht, für den kommt nur »Andial« in Frage - das Unternehmen, das Wagner vor 30 Jahren mitbegründet hat.
Schnelle Autos noch schneller machen - das ist die Devise von »Andial«.


Die kalifornische Zeitung »Orange County Register« widmete »Andial« und Arnold Wagner anlässlich des 30-jährigen Bestehens des Unternehmens jüngst einen großen Bericht:
Arnold Wagner, der in Wallenbrück aufwuchs, wanderte 1959 im Alter von 23 Jahren aus. Zunächst versucht er sein Glück in seinem in Spenge erlernten Beruf: als Tischler in Toronto. Schnell musste er jedoch feststellen, dass die Herstellung von Küchenschränken mit den mitgebrachten Werkzeugen nicht schnell genug ging. Einen Kredit über 250 Dollar für Maschinen lehnte die Bank ab (diese Zeitung berichtete am 7. Oktober).
Da entschied sich Arnold Wagner, eine Stelle bei einem Porsche-Importeur in Toronto anzunehmen, der einen Deutschen mit einem Händchen für Zahlen und Organisation suchte. Arnold Wagner machte sich schnell einen Namen als Experte für Porsche-Ersatzteile und wurde 1965 vom bekanntesten Porsche-Händler der USA, Vasek Polak, und dem Rennmechaniker Dieter Inzenhofer nach Kalifornien geholt.
Wagner übernahm die Organisation, Inzenhofer wurde Mechaniker und einige Jahre später stieß der Rennmotorenmechaniker Alwin Springer dazu.
Die drei jungen Männer hatten ein festes Ziel vor Augen: Sie wollten ihren amerikanischen Traum vom Wohlstand verwirklichen. Dazu, das wussten sie, mussten sie am Geschäft beteiligt werden. Vasek Polak jedoch wollte keine Partner.
So setzten sich Arnold Wagner, Dieter Inzenhofer und Alwin Springer eines Tages ins Auto: »Wo ist die meiste Kohle drin?« fragten sie sich. Fündig wurden sie in Orange County. Dort gab es bereits einige Porschehändler. »Hier werden wir aufmachen, mitten drin und denen zeigen, wo es lang geht«, sagte Arnold Wagner - und behielt recht: »Wir hatten niemals Zweifel, dass wir es besser konnten als sie.«
1975 eröffneten sie »Andial« in Downtown Costa Mesa. Einige Monate später kamen die ersten Porsche 911 mit Turbolader in die USA. 250 PS hatte der Wagen - zu wenig, urteilten die Mechaniker von »Andial«, die an Motoren mit bis zu 1200 PS gewöhnt waren.
Es dauerte nicht lange bis die Mechaniker von »Andial« erste Ansprechpartner für alle wurden, die ihrem Porsche auf die Sprünge helfen wollten.
Andial wurde nun aktiv im Motorsport. Seit dem ersten Gewinn der Sports Car Club of America Championship verging zwei Jahrzehnte lang kaum ein Jahr, in dem nicht ein »Andial«-Motor ein bekanntes Rennen gewann - inklusive die 24 Stunden von Daytona sechs Mal hintereinander.
1997 wurde die Rennsportsparte abgespalten, Arnold Wagner und Dieter Inzenhofer konzentrierten sich auf die Straßenfahrzeuge: Die Wagen, die die Werkstatt verlassen, sind stärker motorisiert und optisch veredelt - »aber nicht aufgemotzt«, wie Arnold Wagner betont. »Nur ein Experte kann die feinen Unterschiede sehen.«
Größere Kolben, zwei Kerzen pro Zylinder, spezielle Nockenwellen, Ladeluftkühler eines Jet Helicopters, mehr Ladedruck und ein angepasstes Steuergerät - das ist die »Andial«-Version eines Porsche 993 Turbo. »Ein explosives Gerät mit der Beschleunigung einer Achterbahn.«
Auch nach 30 Jahren als Porschetuner hat Arnold Wagner noch Spaß an seiner Arbeit. Mit 69 Jahren denkt er nicht ans Aufhören, geht drei Tage in der Woche ins Geschäft - und ist bei allem Erfolg bescheiden geblieben.

Artikel vom 11.10.2005