11.10.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Sexuelle Übergriffe nicht nachzuweisen

Mädchen (6) widerspricht sich in Aussagen

Paderborn/Delbrück (sis). Die Erleichterung war dem 23-Jährigen anzusehen, als er gestern von dem Vorwurf der sexuellen Handlungen an einem sechsjährigen Mädchen in einem Delbrücker Kindergarten freigesprochen wurde. Staatsanwalt Karl Oppenkamp: »Die Übergriffe konnten nicht bewiesen werden.«

Das sechsjährige Mädchen hatte ausgesagt, dass der Handelsvertreter sie bei der Vorführung von Kostümen unsittlich berührt habe. »Die Aussage ihrer achtjährigen Cousine, die die Vorfälle bestätigte, und ein Glaubwürdigkeitsgutachten hatten uns veranlasst, die Anklage zu erheben«, so Karl Oppenkamp gegenüber dem WESTFÄLISCHEN VOLKSBLATT. Es hätte keinen Anlass zum Zweifeln gegeben. Den gab es erst beim ersten Gerichtstermin Mitte September und auch gestern bei dem zweiten Termin. Es sei eine Szene geschildert worden, wo sämtliche Kinder und Erzieherinnen anwesend gewesen sein sollen. »Der Übergriff konnte aber nicht durch die Zeugen bestätigt werden«, so der Staatsanwalt. Der zweite sexuelle Übergriff soll sich auf dem Flur bei einer Kostümanprobe abgespielt haben. »Die Aussage des sechsjährigen Mädchens wich aber von der bei der ersten Vernehmung ab. Es stellte sich auch heraus, dass die Cousine nichts gesehen hatte«, so Staatsanwalt Oppenkamp, der die Aussagen beider Mädchen als »problemlos« und »locker« bezeichnete.
Bei der Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten aus Hannoversch Münden seien keinerlei Hinweise auf eine pädophile Neigung gefunden worden. Die Mutter des Mädchens erwog nach dem gestrigen Freispruch, in Revision zu gehen.
Karl Oppenkamp bezeichnete das späte Glaubwürdigkeitsgutachten als Dilemma. »Ein sechs Jahre altes Kind kann eineinhalb Monate nach dem Vorfall Bezüge und Zusammenhänge einfach nicht mehr so herstellen.« Es würde daran gearbeitet, dass Gutachten schneller, sofort vor Ort, ins Rollen kommen. Oppenkamp: »Eine Konsequenz dieses Verfahrens ist, dass die Kindergärten im Paderborner Land in Zukunft solche Spielwaren-Vorführungen nicht mehr in der Gegenwart von Kindern durchführen wollen.«

Artikel vom 11.10.2005